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erlebt. Die grosse Zahl so vorgeschrittener Erkrankungen erklärt denn auch
die verhältnissmässig grosse Zahl der Sterblichkeit bei unseren Fällen dieser
Sn Hinblicke auf die grossen Gefahren, die der plötzliche Einbruch von
[nfektionsmaterial in die freie Bauchhöhle heraufbeschwört, muss man sich
deshalb auch nicht allein mit der frühzeitigen Operation begnügen, man muss
noch einen Schritt weiter gehen — man Muss solche Einbrüche, wo es
möglich ist, zu verhüten suchen, d, h. man muss auch jedes perityphlitische
ecircumscripte Exsudat rechtzeitig in Angriff nehmen. Wenn auch manchmal
unter den bekannten Vorgängen des Durchbruches nach aussen oder in be-
nachbarte Hohlorgane, der Selbstdrainage etc. Spontanheilung eintreten kann,
so darf doch der Gedanke an diese Möglichkeit niemals hinübertäuschen über
die Verluste, die man in anderen Fällen durch das Zuwarten erleidet. Ich für
meinen Theil würde mir wenigstens die ‚grössten Vorwürfe machen, wenn
durch meine Schuld ein vorhandenes Exsudat, das nachzuweisen gewesen ist,
nach der freien Bauchhöhle durchbrechen und damit zum Tode führen würde,
Nun gibt es — das will ich nicht leugnen — auch dann und wann Ver-
hältnisse, wo wir bei den circumscripten Formen nicht nur zuwarten können,
sondern auch zuwarten müssen, Verhältnisse, bei denen die Gefahr des Ein-
greifens aus technischen Gründen grösser wäre, als die des exspektativen Ver-
haltens. Solche Verhältnisse kommen vor, sind aber doch selten und bilden
die Ausnahmen. Sie sind gegeben, wenn der Sitz des Exsudates nicht mit
Sicherheit zu diagnosticiren und deshalb dasselbe nur mit den grössten
Schwierigkeiten zu erreichen ist, und wenn es sich dabei noch um ältere,
vielleicht auch fette Leute handelt. Ich habe in 2 solchen Fällen zugewartet.
Der.eine ist Fall Nr. 32 der Douglas-Abscesse. Bei der korpulenten Dame
war anfänglich das Exsudat mit Sicherheit weder nachzuweisen, noch zu er-
reichen, Sobald es im Douglas sich manifestierte. wurde es mit günstigem
Ausgange angegriffen.
Der zweite ist der oben beschriebene Fall Nr. 27 der Kleinbecken-
abscesse, bei welchem es im weiteren Verlaufe zum Durchbruch nach der
Blase kam, Auch hier war das Exsudat von aussen nur sehr schwer, von
unten, da es sehr hoch nach hinten oben lag, gar nicht zu erreichen. Das
Zuwarten hat sich hier bewährt. Da der Fall täglich genau kontrollirt
wurde, so wäre bei irgend einer Verschlechterung sofort in den nächsten
Stunden eingegriffen worden.
Solche Ausnahmefälle dürfen meiner Ansicht nach nicht im Stande sein,
uns von der Regel das perityphlitische eitrige Exsudat, sobald es diagnosti-
Cirt ist, operativ anzugreifen, Nur dadurch wird man Durchbrüche gefähr-
licher Art verhüten. Wo aber solche Durchbrüche durch die Erscheinungen
sich ankündigen, muss unverzüglich operirt werden. Denn erfahrungsgemäss
sind die von einem bereits bestehenden perityphlitischen Eiterherde aus €r-
folgenden Perforationen meist noch schlimmer, als die primären vom Wurm-
(ortsatz aus entstehenden, weil gleich eine viel orössere Eitermenge in den