Soziale Fürsorge
Einen Bericht über die erste, kurze Arbeitsperiode unserer Zweigstelle darf bei aller
gebotenen Kürze doch auch nicht die beiden Hilfsmittel übergehen, die den Beratern bei
der Beratung der Fragenden zu Gebote standen. Das sind, neben der verhältnismäßig schon recht
stattlichen Bibliothek, die Merkblätter für Berufsberatun g“, die von der „deut⸗
schen Zentralstelle für Berufsberatung der Akademiker“ in Berlin herausgegeben werden. In
klarer ÄÜbersicht und knapper Form findet sich hier von berufenen Federn — bereits rund 40 —
alles zusammengestellt, was der Fragesteller und der ihn beratende Bertrauensmann über
Gegenstand eines Berufes, Voraussetzung für dessen Wahl, Ausbildung, wirtschaftliche Ver⸗
hältnisse u. a. m. wissen muß. Weit wichtiger aber als diese mehr theoretische Hilfe waren in
zahlreichen Fällen die Dienste, die der städtischen Berufsberatungsstelle von hiesigen Vertretern
aller akademischen Berufsarten geleistet wurden: Theologen, AÄrzte, Juristen aller Art, Apotheker,
Ingenieure, Architekten, Kaufleute, Journalisten, Bankiers usp. In manchem schwierigen
Fall wurde der junge Fragesteller von den Beratern der Berufsberatungsstelle an diese Be r—
trauensleute der Praxis verwiesen und erhielt vor seiner endgültigen Entschei—
dung die genaue Einführung in wissenswerte Einzelheiten einer Berufssparte. Alle jene Herren
hatten sogar bereitwilligst kurze Denkschriften über ihren besonderen Berufszweig ausgearbeitet
(nach Art der erwähnten „Merkblätter“) und der Berufsberatungsstelle zur Benützung über—
lassen.
Von den Schülern der sechsten Klassen höherer Lehranstalten wurde haupt—
sächlich gefragt nach den Beamtenberufen, zu denen die sogenannte Einjährigenberech—
tigung notwendig ist. Diese wurden als die sicherste Bersorgung angesehen. Auch das „Techni—
kum“ gilt als „Mode“. Im allgemeinen waren die wirtschaftlichen Verhältnisse ausschlaggebend.
Eltern und Schüler ließen sich fast nur von den „Aussichten“ leiten und wechselten diesbezüglich
sehr leicht ihre Entschluüsse. Für das Handwerk herrschte wenig Vorliebe; hier ist noch viel Auf—
klärung nötig.
Besonders aufgefallen ist, daß viele Eltern und Schüler ohne jede vorherige
ÄÜberlegung zur Beratung gekommen sind. Es wird notwendig sein, die Eltern durch
Aufklärung zur größeren Beobachtung ihrer Söhne zu veranlassen, um dadurch die Veranlagung
und den Neigungen den ihnen gebührenden größeren Einfluß bei ihrer Berufswahl zu sichern.
—3. Beratung erwerbsbeschränkter Arbeitsloser. Nach den Vor—
schriften der Erwerbslosenfürsorge darf dem Erwerbslosen, der bloß teilweise erwerbsfähig ist,
nur derjenige Teil der Erwerbslosenunterstützung ausbezahlt werden, der dem Grad seiner
Erwerbsfähigkeit entspricht. In allen Fällen, in denen sich ein Erwerbsloser nicht als voll
erwerbsfähig bezeichnet, wird er einem bei dem Arbeitsamt angestellten Wwertrauensarzt
vorgeführt, der die Höhe des Grades der noch bestehenden Erwerbsfähigkeit feststellt.
Es ist aber in vielen Fällen nicht zweckmäßig, diese Feststellung allein auf dem ärztlichen
Gutachten aufzubauen, vielmehr ist häufig zunächst das Gutachten eines erfahrenen Fasch—
mannes desjenigen Gewerbes, dem der Erwerbslose angehört, darüber notwendig, wie weit,
trotz der objektiv vielleicht bestehenden Erwerbsbeschränktheit, subjektiv eine Erwerbsfähigkeit
gegeben ist, da es nicht ausgeschlossen ist, daß jemand für einen Beruf erwerbsbeschränkt ist, für
den anderen dagegen voll erwerbsfähig ist. Um dieses Gutachten des Fachmannes einschalten
zu können, ist folgendes Verfahren nach Einvernehmen mit der Direktion der städtischen Berufs—
beratungsstelle eingeführt worden: Alle in Betracht kommenden Fälle werden von den Be—
zirken der Erwerbslosenfürsorge und vom Arbeitsamt dem Erwerbslosenfürsorgebezirk J ge—
sammelt. Dort werden die Meldungen nach Berufsgruppen zusammengefaßt und in dieser
Form an die städtische Berufsberatungsstelle weitergegeben. Diese
bestellt Fachleute, die insbesondere der Berufsberatung der Jugend zur Verfügung stehen und
gibt das schriftliche Gutachten des Fachmannes an den Bertrauensarzt beim Arbeitsamt weiter,