Volltext: Kaiser Wilhelm der Erste

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„Nationaleigentum“. Ein Teil der Volksmenge klatschte Beifall, und 
die Aufrührer ließen von ihrem Vorhaben ab. Unter solchen Um— 
ständen und da die dem Prinzen feindliche Stimmung auch in 
den Zeitungen und vielen Flugblättern in gefahrdrohender Weise 
zum Ausdruck kam, rieten die Minister dem Könige, seinen 
Bruder zu einem zeitweisen Verlassen des Landes zu bewegen. 
Der König folgte diesem Rate; aber erst auf ausdrücklichen und 
schriftliche Befehl desselben entschloß sich der Prinz, zu weichen. 
Es war an seinem Geburtstage, den 22. März, als er nach 
Hamburg abreiste, um sich hier nach England einzuschiffen, an 
demselben Tage, an welchem in Berlin die Leichen der auf den 
Barrikaden Gefallenen unter großem Gepränge beerdigt wurden. 
Am 27. März kam er in London an, wo er im Hause des 
preußischen Gesandten Wohnung nahm. Mit ruhiger Ergebung 
trug der Prinz das herbe Geschick, das ihn, der dem König am 
nächsten stand, aus dem geliebten Vaterlande vertrieb. Als er 
am 2. April in der Savoy-Kirche dem deutschen Gottesdienst 
beiwohnte, sang die Gemeinde ein Lied, dessen dritter Vers ihm 
Trost und Hoffnung gab. Derselbe lautetel: 
„Da siehst du Gottes Herz, 
Das kann dir nichts versagen, 
Sein Mund, sein teures Wort 
Vertreibt ja alles Zagen. 
Was dir unmöglich dünkt, 
Kann seine Vaterhand 
Noch geben, die von dir 
Schon so viel abgewandt.“ 
Das Gesangbuch, das der Prinz während des Gottesdienstes 
benützt hatte, erbat er sich von dem Prediger als Geschenk und 
bewahrte es als teures Andenken in seinem Arbeitszimmer zu 
Babelsberg. Seine Hoffnung täuschte ihn nicht. Im Heere vor 
allem regte sich die alte Anhänglichkeit; begeistert sangen die 
Soldaten: 
„Prinz von Preußen, ritterlich und bieder, 
Kehr' zu deinen Truppen wieder, 
Heißgeliebter General. 
Weilst du gleich am fernen Strande, 
Schlagen doch im Vaterlande 
Herzen für dich ohne Zahl.“
	        
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