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„Wir fahren zu Berg.‘
die Plessur, das an Kraft unbändige Alpenkind,
im Laufe der Zeit gegraben, wenn wir unter über-
hängenden Felsen dahinfuhren, über die mächtigen
Erdrunsen, die kühn geschwungenen Brücken hin-
weg, oder wenn wir mitten in der Felsenwüste,
einer lieblichen Oase gleich, in wonnig Grün ge-
bettet, ein traulich Dörflein schimmern sahen.
Die Strasse ist nur etwas über 3 m breit, geht
zuerst von Westen nach Osten durch das Schanfigg
und von da aus nach Süden ins Aroser Gebiet.
Die das Thal begrenzenden Gebirge weisen
zahlreiche Einschnitte auf, so dass die dadurch
gebildeten Bergrücken coulissenartig sich vor-
schieben und alle Augenblicke die Scenerie
wechselt. Oft fürchtet man bei scharfen Bie-
gungen, die Pferde müssten sich den Kopf ein-
rennen, oft hebt man sich im Wagen, um hinauszu-
springen, aber der Kutscher, ein Thurgauer, der
den Hirtenschmuck, einen silbernen Ring im Ohr
trägt und es beim Militär bis zum Korporal ge-
bracht hat, besänftigt durch seine Ruhe und
Sicherheit die erregten Sinne.
Wir erreichen Maläders, 1013 m hoch. Die
Bewohner sind, wie im ganzen Schanfigg, Romanen
mit ernstem Angesicht. Sie sind eben mit dem
Heuen beschäftigt. Auf meinen Gruss sehen sie
verwundert auf, und es ist, als wenn ein Sonnen-
blick über ihr ernstes Gesicht huschte.