Ins Graubündner Land. 27
graue Burgen. Hier zeigt sich wieder, wie. die
Natur die Herzen erschliesst, wie sie eins dem
andern näher bringt. Die mit‘ mir im Wagen
sitzende Familie wird zugänglicher, der Kondukteur
giebt auf die vielen, auf ihn einstürmenden Fragen
gern Auskunft und ist nicht ungehalten, wenn
man auf der Plattform sich aufhält. Hier sitzt
ein ehrwürdiges Elternpaar, geschmückt mit dem
Schnee des Alters, der Tracht nach einfache
Landleute und bei ihnen ihr Sohn, der in der
Welt hochgekommen sein mag. Wie er sein
Mütterchen streichelt, dass die Freude das gute
alte Gesicht verklärt! Sonnenschein draussen,
Sonnenschein drinnen in alter Menschenbrust!
In einer Ecke sitzt ein junger, hübscher
Schweizer, Er hat nur Augen für das schöne
Mädchen ihm gegenüber, und Mama sieht nicht
zornig drein, dass das holde Töchterchen ein
wenig verwirrt wird im Blick und dem frischen
Schweizergesicht sich zuneigt. „O, schöne Zeit,
Oo selige Zeit!“ Bei Buchs fahren wir über den
Rhein. Immer herrlichere Bilder, grossartig und
lieblich zugleich, entrollen sich; immer näher
kommt man den himmelhohen Bergen, den be-
gletscherten Häuptern, die als schimmernde Edel-
weiss dem grünen Alpenkranze im Süden ein-
geflochten sind. Hinaus möchte man springen
und auf jeder Station sitzen bleiben.