Volltext: Zu Nürnberg

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„O Gott, sei mit ihm,“ flüsterte die arme Verlassene tief— 
bewegt, „lass' ihn glücklich werden!“. 
Die heilige Handlung war vorüber, die Neuvermählten 
wurden von Verwandten und Bekannten umringt und beglück— 
vünscht. Mit strahlendem Lächeln dankte die Braut; der junge 
Ehemann aber schien zerstreut. Suchend schweiften seine Augen 
umher — dann lagerte sich eine trübe Wolke auf seine Stirn. 
Es war dem jungen Meister ein Wermutstropfen in den 
freudenkelch, daß sein geliebter früherer Lehrmeister Hans Sachs 
an seinem Ehrentage fehlte. Und wie herzlich und dringend 
var er doch zu Gaste geladen worden und welche Ehre hätte 
man ihm erwiesen! Ein starrköpfiger Alter! Kurz und rauh 
hatte er dem Hochzeitbitter erwidert: „Ich lass' schön danken, 
aber ich hab' keine Freud' daran, zuzusehen, wie einer in sein 
Verderben rennt!“ — 
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Swei Jahre sind seit jenem Frühlingstage verflossen. In 
hans Sachsens Werkstätte hat sich wenig verändert — der greise 
Meister ist noch immer von früh bis spät bei der Arbeit und 
dichtet oder singt dazu seine kernigen Weisen. Ihm gegenüber 
sitzt wieder ein schmucker Geselle, an dem er seine Freude hat, 
denn der Bursche ist mit hübscher Stimme begabt und Hans 
SsSachs gibt ihm mit vielem Vergnügen nebenbei Unterricht in 
der Sangeskunst, damit er einst wie er Meistersinger werden 
könne. 
Eben proben die Beiden gar eifrig, während die Hände 
Ahle und Hammer führen, als es leise an der Thüre klopft. 
„Wird die Kathrin sein — wo hast Du die Schuhe für 
ihren Herrn hing'räumt?“ fragte Sachs. 
Die Thür geht auf, aber nicht die Kathrin tritt herein, 
sondern ein junger Mensch mit verstörten Mienen und ziemlich 
herabgekommenem Äüußern. 
„Peter — Du — Ihr?“ ruft Hans Sachs und läßt vor 
Staunen Leder und Stiften fallen.
	        
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