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auf dem Markte nur durch die Backen gebrannt. Manches machte er
aber dem Rate und der Stadt noch zu schaffeny. Wenn er sich auch vom
Kaiser Marximilian einen Rehabilitationsbrief zu verschaffen wußte, so
war doch der Makel auf seinen Backen nicht wegzuschminken. Seine
Stellung als ehrsamer Bürger war fortan erschüttert. Ob ihm deshalb
die andern Meister aus dem Wege gingen, ob ein Verkehr mit Krafft
und Peter Vischer statt fand, und wie er zu Dürer stand?), darüber erfahren
wir nichts. Wenn Neudörffer von den erwähnten Vorgängen nicht spricht,
vielmehr hervorhebt, daß er sich des Weines enthielt und sehr mäßig
lebte, so mag das so zu deuten sein, daß er im Alter sein früheres
Vergehen wieder gut zu machen suchte. Im Alter von 95 Jahren soll
er gestorben sein, nachdem er vorher erblindet war.
2.
Veit Voß ist sehr vielseitig gewesen. Er war Holzschnitzer und
Bildhauer, stach in Kupfer, soll des Malens?) kundig gewesen sein
und Geschick im Brückenbau bewiesen haben. In Krakau wurde er schon
„magister mechanicorum“ genannt, und auch mit der Kunst des
Gießens muß er vertraut gewesen sein, denn er hatte für Kaiser
Maximilian Figuren zu liefern, deren Guß er selber ausführte). Sein
Ruf war weit verbreitet. Nach Neudörffer hatte er die Gestalten des
Adam und der Eva für den König von Portugal so lebenswahr ge—
schnitzt, daß sich dieser beim Auspacken davor entsetzte. Seine frühsten
bekannten Werke sind in Polen, wie der Marienaltarꝰ) in der Frauen—
kirche zu Krakau und das Grabmal des Königs Casimir IV.6) in der
Kreuzkapelle der Kathedrale, beide Werke in gotischer Anordnung.
Von Nürnberg aus besuchte der Kuͤnstler die Märkte zu Frankfurt und
) In Urkunden wird Stoß als „unruhig heyloser Bürger“ und als „irrig
und geschreyig Mann“ bezeichnet.
) Einmal war Stoß für Dürer thätig, wie nachher noch gesagt wird.
) Neudörffer schreibt: „Er hat auch selbsten mich eine ganze Mappam sehen lassen
die er von erhöhten Bergen und geniederten Wasserflüssen, sammt der Städte und
Wälder Erhöhungen gemacht hat.“
Darüber wird noch gesprochen werden.
) Zwischen 1477 -1484.
9) Außer dem Monogramm des Veit Stoß befindet sich auch am Grabmal der
Name des Passauer Künstlers Jörg Hüber, der 1494 Bürger von Krakau wurde.
Von Bode wird die Vermutung ausgesprochen, daß Stoß nur die Modelle ge—
liefert, Jörg Hüber das Grabmal in Marmor ausgeführt habe. Stoß könnte aber
auch an der Ausführung Anteil haben.