Volltext: Kaspar Hauser

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v. Artin auf die Forschungen Feuerbach's, namentlich auf 
dessen 1852 veröffentlichtes Memoire. Die Schrift ist scharf— 
sinnig und geistreich verfaßt, mitunter etwas allzu spitzfindig, 
wenn z. B. als Verdachtsmoment gegen das badische Haus 
hervorgehoben wird, daß von den Kindern der Großherzogin 
Stephanie nur die Söhne starben, die Töchter dagegen am 
Leben blieben, oder wenn aus dem übereinstimmenden Datum 
des Geburtstages Kaspar's mit dem des zweiten Prinzen, 
dem nahezu übereinstimmenden seiner Aussetzung mit dem 
Todestage des ersten Prinzen Schlüsse gezogen werden. 
Immerhin ist die Schrift das Werk eines ernsthaft strebenden, 
auf der Höhe der Bildung seiner Zeit stehenden Mannes, 
doch darf uns dies nicht verleiten, der von ihm eingeschlagenen 
Richtung unbedingt zu folgen. Ich habe schon früher gesagt, 
daß er den Fehler beging, Hausers Aussagen über seine Ver— 
gangenheit als unbedingt wahr anzusehen und darauf das 
ganze Gebäude seiner weiteren Beweisführung zu errichten. 
Wert legt Herr v. Artin darauf, daß die geheimnisvollen 
Gerüchte über Hauser in der Hauptsache gleichlautend mit 
den Ansichten Feuerbachs waren, die doch erst soviel später 
veröffentlicht wurden. Darin finde ich nun gar nichts wunder— 
bares. Ein Zusammenhang zwischen den Gerüchten und 
Feuerbachs Ansicht ist sehr wohl denkbar. Das Gerücht, 
Kaspar Hauser sei ein badischer Prinz, entstand sehr schnell, 
vielleicht ehe Feuerbach diese Vermutung hegte, kam ihm zu 
Ohren und erschien ihm glaublich. Wenn er auch die Resultate 
seiner Forschungen geheim hielt, so konnte man doch aus den 
Fragen, die er an andere richtete, aus Persönlichkeiten und 
Orten, die er aufsuchte, manches entnehmen. In seiner 
Schrift über das Verbrechen am Seelenleben war zu lesen, 
daß Kaspars Wiege an einem Fürstenhofe gestanden hatte 
Wenn er sich nun vorzugsweise mit dem badischen Hofe be 
schäftigte, so war der Zusammenhang leicht zu folgern.
	        
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