Vicar zu Unserer Lieben Frauen, und am 27. Mai 1524 dem Jörg
Jäger, Vicar bei St. Sebald, auf der Universität zu Wittenberg
theologischen Studien zu obliegen. Die Frohnleichnamsprocession,
so wie die am Sonntag darauf erfolgende Procession mit dem hl.
Sacrament, durfte nur mit Vermeidung alles Gepränges stattfinden,
Die wichtigsten Neuerungen waren jedoch, dass in der Charwoche
(Ende März 1524) der Prior des Augustinerklosters Wolfgang
Volbrecht in der Klosterkirche die Messe deutsch las und den
Laien bei dem Abendmahl den Kelch reichte, und dass die beiden
Pröpste an den Pfarrkirchen, Georg Pessler und Hektor Pömer,
um Pfingsten (15. Mai) die bisher in der Kirche üblichen Cere-
monien und Heiligenfeste abschafften und den übrigen Ritus im
Lutherischen Sinne umwandelten. Dem Rath misfielen diese plötz-
lichen Veränderungen, ‘weil sie ohne sein Wissen und gegen seinen
Willen vorgenommen worden waren, besonders aber in Betracht
des ihm seither zugekommenen kaiserlichen Mandates. Die Pröpste
blieben jedoch trotz aller Abmahnung standhaft, und der Rath
liess sich deshalb und wegen seines Verhaltens den die Lutherische
Lehre ‚betreffenden neuen kaiserlichen Mandaten gegenüber bei
dem Erzherzog Ferdinand in Regensburg durch eine Rathsbot-
schaft entschuldigen. Auch wurde eine ‘Botschaft an den Bischof
von Bamberg, Weigand von Redwitz, entsendet, um dessen Unwillen
über die kirchlichen Neuerungen zu beschwichtigen. Der Bischof
eitierte jedoch die beiden Pröpste und den Prior des Augustiner-
klosters nach Bamberg, und als sie gegen die bischöfliche Be-
rechtigung sie zu strafen protestierten, that er sie, wenn auch ohne
weitere. Folgen, :in den Bann. Der Rath schützte seine Geistlichen
gegen die Verfolgungen des Bischofs, um sich jedoch nicht das
Misfallen des Kaisers zuzuziehen, verbot er im September 1524
die Lutherischen Büchlein, welche Schmähungen gegen den Kaiser
and die Fürsten enthielten. Der Strassenhandel mit solchen Schriften
hatte trotz der mehrfachen Verbote überhand genommen. Den
Knaben, welche die Traktätlein feilboten, Bilderhändlern, welche
den Papst verspottende „Gemälde“ (meistens Holzschnitte) ver-
kauften, wurde der Handel mit solcher Ware aufs neue untersagt.
Der Buchführer Lenhard Fink wurde wegen «solcher Vergehen zur
Strafe vier Tage und Nächte in einen 'Thurm gesetzt, die Frau
eines Briefmalers eben deshalb verurtheilt, „drei Tage und drei
Nächte :an einer Bank zu büssen.“
Karlstadts und .Müntzers Schriften waren längst in Nürnberg
verbreitet worden. Hatte ja doch Karlstadt sogar eines seiner
Büchlein dem ‚Albrecht Dürer zugeeignet.
Um Bartholomäi (24, August) 1524 begab sich :der ’aus Mühl-
hausen ausgewiesene Freund Müntzers, Heinrich Pfeiffer, genannt
Schwertfeger (auch Schwertfisch) 'nach Nürnberg. Gegen Ende
Novembers ‚traf auch Thomas .Müntzer selbst in Nürnberg ein, aber
sein Aufenthalt daselbst war nicht.von langer Dauer; er und Pfeiffer
wurden .bald darauf vom Rath: aus.der Stadt verwiesen. Müntzer