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diesem vielmehr nur gefördert werden dürfen. Aber gerade
weil von unten angefangen und der kleine Landwirt zum genossen—
schaftlichen Denken und Thun erst erzogen werden muß, empfiehlt
sich der Aufbau der Absatzvereinigung auf dem Fundament eines
Darlehenskassenvereines; daher auch möglichste Verbreitung solcher.
Die Absatzgenossenschaft bedarf zur ersten Einrichtung und zur
Erweiterung in nachher zu schildernder Weise auch Geld und
kann einen besseren Gläubiger nicht besitzen als die Darlehenskasse
am Orte, die dieselben genossenschaftlichen Endziele hat.
Die Anschauung, daß eine Genossenschaft nicht zweien
Zwecken dienen solle, scheint mir daher auch hier nicht genügend
begründet; doch ist es ja gar nicht ausgeschlossen, daß eine Absatz-
genossenschaft als solche Mitglied der Darlehenskasse am Orte
wird, wie dies z. B. Viehversicherungsvereine schon durchgeführt
haben. Auch unser Verband führt z. Zt. diesen Modus ein.
b) Nun aber bleibt den Absatzvereinen noch alles zu ihrer
Ausgestaltung zu thun übrig. Ist ein solcher gegründet, so
wird es ihm bei einiger Ausdehnung des Geschäftes, besonders
wenn die Genossen über mehrere Orte verteilt sind, an
dem erforderlichen Lagerraum fehlen. Es kann also die
Verkaufsware — wir denken natürlich in erster Linie an Getreide —
nicht angesammelt, entsprechend behandelt, d. h. von Unkraut
gereinigt, umgeschaufelt (flach aufgeschüttet ec.) und durchlüftet werden.
Der Wunsch, solche Lagerräume zu besitzen, ist daher auch ein
alter Bekannter auf genossenschaftlichen Versammlungen. Schon im
Jahre 1887 bemerkte beim Vereinstag des „Allg. Verbandes der
deutschen landw. Genossenschaften“ zu Berlin Herr konomierat
Boysen von Kiel sehr treffend: eine Verkaufsgenossenschaft könne
gesteigerten Anforderungen nicht entsprechen, solange noch aus
jeder einzelnen Wirtschaft die Versendung stattfinden müsse und die
Genossen nicht einen gemeinsamen Speicher besäßen, von dem aus
die Ablieferung erfolgen könne. Um der Verwirklichung näher
zu kommen, handle es sich vielleicht manchmal nur um den
Bau einer Bahn. Mit Recht hat sich daher auch neuerdings das
Genossenschafts-Komitee des Landwirtschaftlichen Vereins in Bayern
für Ausdehnung des Lokalbahnbaues in erhöhtem Maße ausgesprochen.
Seit jener Zeit (1887) ungefähr datiert der Ruf nach
Lagerhäusern und Lokalbahnen. Man hat den Landwirten, da