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Ein bekannter Hans Sachs-Forscher fügt diesen Versen die Be—
merkung bei“): „Man muß erst das ganze Leben und Wirken dieses
herrlichen Maunes kennen und würdigen, um bei diesen frommen
Ermahnungen zu verstehen, aus welch' reinem Herzen sie kamen“.
So rührig nun auch Hans Sachs sein ganzes Leben gewesen war,
mußte er doch schließlich dem Alter seinen Tribut zollen: er konnte
die letzte Zeit sein Handwerk, das er seit 162098) als Meister aus—
geübt hatte, nicht mehr treiben 82); aber trotz Altersgebrechen war
sein Geist und seine Neigung zu Humor rege geblieben, wie sich dies
in seinem Verkehr mit dem Nürnberger Maler Andreas Herneisen
bekundet 8), der den Dichter noch kurz vor dessen Tode wiederholt
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7) Genée a. a. O. S. 390.
*) Nach Julius Tittmann a. a. O. S. XVI, wurde Hans Sachs schon im
Jahre 1516 — drei Jahre vor seiner Hochzeit mit Kunigunde Creutzer — Meister
des Schusterhandwerks, wie denn überhaupt das Jahr, in welchem er Meister
wurde, von Hans Sachs-Forschern stets irrig angegeben ist. Hans Sachs ver—
anlaßte diesen Irrtum durch seine eigenen Worte:
Und nach zwei jarn zog ich mit glück
Gen Nürnberg, macht mein meisterstück.
Nach dem ward mir vermählet drin
Mein gmahel Kungund Creutzerin.
Vgl. die „Summa“ von 1553 (Neues Lausitzisches Magazin, 53. Bd., S. 138),
und das „Valete“ von (1566) 1567 (Tüb. Ausg. XXI, 337 u. Genée a. a. O.
S. 440). In Wahrheit wurde Hans Sachs erst im Jahre 1620, also erst nach
seiner Hochzeit mit Kunigunde, zum Meister gesprochen, wie dies aus dem Meister—
buch M. 8. 236, Fol. 131b, hervorgeht: Hans Sachs, schuster, secunda post con-
versionis Pauli (29. Januar) 1520.
8a) Hans Sachs wird zuletzt nur als „teutscher Poet“ oder als teutscher
Poet und gewesener Schuhmacher bezeichnet. Siehe Anm. 101 am Schluß
und V. Beilage unter 2.
*8b) Vgl. hierzu den Inhalt des Plakats auf dem Titelbilde. Die dort
verzeichneten Verse lauten:
Als ich im conterfeyhen wardt,
Am tisch nach boetischer art
Ein kleines ketzlein, wie ich sprich,
Sie umb sein bardt hier ummer strich.
Ich sprach: „Herr Sachs sol ich darnebn
Dem ketzlein auch seine farb gebn,
Wie es sich da streicht auf dem buldt?“
„Bei leib, nein,“ sprach, „man geb mir d' schuldt,
Das ich solt ein Marxbruder sein,
Darumb so mallt mirs ja nit hirein.“
Die Marxbrüder, welche die Kunst des Fechtens übten, führten als Wappen den
geflügelten Löwen des heiligen Markus, der spottweise als „Katze“ bezeichnet