Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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das Altertümliche nachzuempfinden und dann in Verse zu kleiden, 
steht Tieck hinter seinem Vorbild Goethe zurück; Ooberflächliche 
zeitgenössische Kritik hat sogar Tiecks „Bänkelsänger- und Sachs- 
Poesie“ scharf angegriffen.! Während aber so Tieck auf der einen 
Seite Goethe nachahmend nach Weimar dankbar hinüberblickt, hat 
er auf der anderen Seite mit Weimar wieder Abrechnung gehalten, 
'ndem er dem Satiriker Falk, dessen Talent zu satirischer Poesie 
er nicht hoch anschlug, zum Vorwurf macht, daß er „nicht ein- 
mal die Schalkheit im ehrlichen Hans Sachs“ begreife.* Damit zielt 
Tieck jedenfalls auf die satirische Behandlung von Hans Sachsens 
Komödie von den ungleichen Kindern Evas, die in Falks Taschen- 
buch (1799) erschienen war, und — einigermaßen an Gottsched 
erinnernd (oben S. 144) — die naive Auffassung Hans Sachsens 
verspottet.®? Gerade diese Komödie, die Falk verhöhnte, hat dann 
Tieck der Aufnahme in sein „Deutsches Theater“ (1817) würdig 
erachtet. Er hat dann auch in der Vorrede zum ersten Bande dieses 
„niederländische Idyll“ ob seiner Naivetät, die sich insbesondere in 
der Figur Gott Vaters wohlgefällig verkörpert, mit Anerkennung ge- 
nannt, nur den fünften Akt lehnt er ab. Die Charakteristik Hans 
Sachsens, die Tieck in dieser Vorrede in kurzen Zügen hinwirft, weiß 
das poetisch Wertvolle aus Hans Sachsens Werken verständig heraus- 
zulesen und lehnt den Versuch, Hans Sachs in Bausch und Bogen 
zu retten, geschickt ab. Besondere Anerkennung weiß Tieck der 
Iprache Hans Sachsens zu zollen.* So hatte Tieck auch schon in 
1 Köpke, Ludwig Tieck, 1. Th., Leipzig, 1855, S. 278, 
2 Vgl. Tiecks Anti-Faust oder Geschichte eines dummen Teufels (1801) 
in Tieck’s nachgelassenen Schriften. Hg. von Rudolf Könpke. 1. Bd., Leipzig, 
1855. S. 132, 
3 Taschenbuch für Freunde des Scherzes und der Satire. Hg. v. J. D. 
Falk. Leipzig, 1799, S. 161—192. Teils enthält diese „Tragödia“ Knittelverse 
- mit bisweilen wörtlicher Anlehnung an Hans Sachs —, teils Inhalts- 
angabe in Prosa; es wird darin gegen modernes Prüfungswesen gestichelt, 
[m selben Jahrgang des „Taschenbuchs“ (S. 1—15) steht auch „Eine neue an- 
muthige Historia halbweltlich, halbgeistlich, von einem gottlosen Vormunde, 
yenannt Rips, item einem Mündel, und einer alten Base. Ein Schwank frey 
nach Hogarth durch Hans Sachs den jüngern.“ Das in Strophen abgefaßte 
Gedicht schließt in der Art des Hans Sachs. weisf aher sonst gar nichts 
Hans-Sachsisches auf. 
4 Deutsches Theater. Hg. von Ludewig Tieck. 1. Bd., Berlin, 1817, 
N IX— XV Abgedruckt sind darin von Hans Sachs sechs Stücke (S.17—164).
	        
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