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Johannes Bolte,
Ein beschissene hechel nur
Vnd ein kerben zerstochen. —
Die bäwrin mit weinen durch brach:
‚Ach hilff mir‘, sie zum bawren sprach. „.; War ist das sprichwort gesprochen:
Den driten wunsch der bawer jach: Wünsch in die einen hand mit fleifs
zo ‚So sei der hechel freie!‘ Vnd darnach in die ander scheifs;
. h Alsdann heb sie beid auff gar leifs,
Zuhand die hechel heraufs Stuhr, Welche die schwerest seie!
Dafs in von den drei wünschen wur
Gedichtet von Hans Sachs ı551, den 27. April, Überliefert in seinem Meister-
gesangbuch ı2, 104a (Zwickau); hier nach der anonymen Aufzeichnung in Hans Müllers
Meistergesangbuch 1617 Bl. 5553. — Aus ältrer Zeit sind eine Fabel des Romulus ed. Oester-
ley app. 42 und der Marie de France 2, 140 Nr. 24 ed, Roquefort, die 78, Novelle des
Metzers Philippe de Vigneulles v. J. 1514 (Michelant im Athenaeum francais 1853, 1137)
und ‚die drei Wünsche‘ in v. d. Hagens Gesamtabenteuer Nr, 37 zu vergleichen, aus
späterer Kirchhofs Wendunmut 1, 180, Lehmanns Politischer Blumengarten 1640 S. 371,
De Geest van Jan Tamboer ı, 186 (t’ Amsterdam 1664. Deutsch c, 1690: Der: Geist
von Jan Tambaur S. 161), Grimms KHM Nr, 87 ‚Der Arme und der Reiche‘, Vgl, aufser
den Nachweisen von v. d. Hagen, Grimm und Oesterley noch Liebrecht, Orient und
Occident 3, 378; Bolte zu Schumanns Nachtbüchlein Nr, 45; Bedier, Les fabliaux S. 177
427 (1893).
Il. Vom vrsprung sanct Petters glatzen.
Im blawen thon Frawenlobs.
Assen vnd theten schlaffen gehn,
Als das liecht war erloschen,
Weil der herr ging auff erden noch,
Mit sanct Petro im land vmb zoch, 25
Kamens zu einer beuerin,
Aufs zu treschen ir koren.
Spat in die bäurin gütlich thet,
Legt sie zusamen in ein bet.
Sanct Petter wunderlicher sin
Legt sich ins bet dauoren.
Früh, als die morgenröt erschein,
1o Die bäwrin sie auffwecket.
S. Peter grub sich wieder ein
Vnd sich erst warm zu tecket.
Die bäwrin schrie in noch ein mal, 35
Noch lagen sie in schlaffes qual,
Zum driten mal kam sie aber
Vnd beide fand aufsstrecket.
Legt sich Petrus hinden ins bet
Vnd thet die nacht verschnaufen.
Frü sie die bäwrin wecken thet,
Dreimal thet hinauff lauffen:
‚Gester raufft ich den ersten doch,
Heut wil ich an den hindern noch‘,
Platscht Sanct Petrum wider ins har
Vnd thet in vbel rauffen,
Darum malt man noch vberal
Sanct Petern gar glatzet vnd kal.
Seit in die bewrin also rupfft,
Auffstunden sie all beide;
Der herr zündet an ein wachslicht.
Hielt es an die garben gericht
Im stadel; als bald heraufs schlupfft
ıo Das aller schönest treide,
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Griffdar, erwischt Petrum beim schopff,
Rupfft in, gab im ein guts ann kopff,
Sprach: ‚Wolt ir dann heut nicht auff
stehn?
20 Wann wirt mein koren troschen?
Sie stunden auff, traschen mit macht
Den gantzen tar bifs in die nacht,
Die bewrin inen vrlaub gab,
Dacht: Die kunst ich auch kane.
Sie ging mit einem liecht hinab,
Zündet ein garben ane.
5 Daruon der stadel ane ging,
Das haufs bran auch ab aller ding. —
Darum sol noch kein mensch so thum
Gottes werck wöllen thone.
Anno I551 den ı5. april dichts Hans Sachs.