87
8) sie sind vom Staatsdienste, namentlich vom Richterstande ausge—
schlossen, obgleich sie in einzelnen Zweigen des öffentlichen Dienstes, sowie
des christlichen Gemeindewesens wirken können;
9) Zur Ansässigmachung bedurften sie einer Familien-Matrikel, wenn
ihnen nicht die Staatsregierung aus besonderen Erwägungen dieselbe über
die Matrikelzahl bewilligte.“ (Sar, die Synagoge.)
Verfolgen wir nun die Gemeindeverhältnisse der Juden Fürths in
unserem Jahrhundert.
Nach dem Erscheinen des Ediktes vom 10. Juni 1813 berief sich
die Fürther Judengemeinde auf ihr, Reglement von 1719 und wünschte
dessen Beibehaltung; der Staatsminister Graf von Montgelas erließ am
12. Januar 1814 auch den Befehl, mit dem Vollzuge des Ediktes von
1813 bei Fürth ausnahmsweise inne zu halten, um die Verhältnisse näher
prüfen zu können.
Am 5. Oktober 1818 erschien eine Entschließung bez. der Stellung
der Juden zu den Gemeindewahlen. Diejenigen Juden, welche Haus-⸗, Ge⸗
derbe und Grundsteuer bezahllen, waren in Gemeindesachen stimmfähig.
Als bei der Wahl des ersten Magistrates und der ersten Gemeindebevoll—⸗
mächtigten nach dem Edikt von 1818 kein Jude in die Gemeindevertretung
gewählt wurde, trotzdem “s der Gesamtbevölkerung aus Juden bestand,
Hürde vom Ministerium angeordnet, daß, wo es sich um juͤdischen Schutz
und Ansässigkeitsverhältnisse oder um eine, jüdische Interessen berührende
Gemeindeangelegenheit handele, der Magistrat jederzeit einige der ange—
sehensten und faͤhigsten Mitglieder der Judenschaft mit ihren Erinnerungen
hoͤren solle. Als wünschenswert wurde es bezeichnet, wenn Juden bei den
Wahlen zum Magistrat und Kollegium berücksichtigt würden. Die Juden⸗
korporation wurde aufgelöst und der Verband der jüdischen Stiftungen
unter administrativer Oberaufsicht gestellt.
Am 5. August 1820 wurde das Reglement von 1719 gänzlich auf—
gehoben.
„Wegen der eigentümlichen Verhältnisse der Gemeinde Fürth wurden
folgende Separatbestimmungen getroffen:
1) die bisherige Matrikelzahl soll unter Einrechnung der auswär⸗
tigen Ifraeliten, welche in Fürth Inkorporationsrechte durch Beiträge sich
gesichert hatten, aufrecht erhalten, aber nicht vermehrt werden;
) unter Festhaltung des F 18 des Ediktes soll der Besitzstand in
Bezug auf Brauereien, Schenk— und Gastwirtschaften ungestört gewahrt
werden;
3) das Kommunal-Verhältnis der Israeliten richtet sich nach 822;
4) das Religionsverhältnis nach 823 und der 2. Beil. der Verf.U.
§ 61 und 63;
5) das der Schule nach 89 32, 33 und 34 des Ediktes;
9) wegen der Stiftungen und sonstigen derartigen Institute ist die
Judenschaft nach F 46 des 2. Bd. 3. V.U. im Besitze zu schützen, eine
geordnete Verwaltung einzuführen, und hiezu, sowie zur Ordnung ihres