‘68
STEIG
3, Die Heidelberger anzeige von Arnims gräfin Dolores.
Als Arnim seinen freunden Grimm die Gräfin Dolores sandte,
sprach er den wunsch aus, Wilhelm möge das buch in den Heidelber-
ger Jahrbüchern recensieren. Wilhelm schickte ihm handschriftlich die
recension am 25. oktober 1810: „Ich bitte dich ganz ohne rückhalt
Dein urteil zu sagen über die recension, was Du richtig darin findest
oder schlecht. Hast du nichts zu erinnern, so sei so gut mich davon
zu benachrichtigen, und ich will sie an Wilken (nach Heidelberg) sen-
den ... Du brauchst mir die blätter nicht wider zu schicken, da ich
eine abschrift behalte.“ So erklärt sich, dass Wilhelms niederschrift
in Arnims nachlass sich erhalten hat, während andererseits in Grimms
hinterlassenschaft die bemerkungen vorhanden sind, die Arnim damals
zu Wilhelms recension machte. Beide schriftstücke liegen also der
druckgestalt der anzeige voraus.
Die vergleichung lehrt, dass der tatsächliche inhalt der anzeige
derselbe geblieben, und nur die sprachliche form für den abdruck noch
einmal leicht überarbeitet worden ist. Es ergeben sich aus dem manu-
script aber eine anzahl berichtigungen der druckgestalt (Wilhelms Klei-
nere schriften 1, 289). Man bessere s. 289 textzeile 3 „anforderungen“
für „aufforderungen“. S. 290 in der mitte „in dem reinsten sinne des
worts“, für „das wort“. In der folgenden zeile „erworben“ für „er-
wecken“. S$. 291 in der letzten zeile „hier auch“ für „hierauf“. S. 293
z. 25 „wem“ für „wenn“.
Nur zu einem einzigen sachlichen zusatz hat sich Wilhelm Grimm
auf einen einwand Arnims hin verstanden. Grimm hatte nämlich den
im genusse schwelgenden und verführenden Markese des romans in
parallele gesetzt mit dem Roquairol in Jean Pauls Titan und sich dahin
entschieden , dass das entsetzliche derjenigen zeiterscheinung, die sich hier
verkörpere, in dem Roquairol viel gewaltiger, tiefer und poetischer
ausgeführt sei. Dagegen machte nun Arnim von seinem standpunkt
aus geltend, dass in gänzlich von einander verschiedener herausbildung
Roquairol eine durchaus deutsche natur sei, die wunderbar phantastisch
allem hohen für einzelne lebenszeiten nachstrebe und in der abspan-
nung sich und andere verfluche und verderbe, während sein Markese,
nach dem vorbild ihm bekannt gewordener Südfranzosen entstanden,
mit allen kräften dem genusse nachjage, ohne je von einem gefühl der
reue niedergehalten zu werden. Diese absicht des dichters erkannte
Wilhelm durch den einzigen zusatz an, mit dem er sein erstausgespro-
chenes urteil über den Markese und Roquairol beschränkte (1, 294):