lutherischen Bewegung. Der Patricier Caspar Nützel übersetzte
die Ablassthesen, Scheurl legte allen Briefen ein Exemplar bei.
Bei den Gastmählern war Luther der Gegenstand des Gespräches,
„man adoriert ihn und küsst seine Bücher“ 2).
Zur Zeit des Augsburger Reichstages 1518 plante man,
Luthern, im Fall er über Nürnberg heimreiste, Sicherheit zu
schaffen. Seine Begeisterung für Luther konnte freilich Dr.
Scheurl nicht hindern, nachdem er Mitte December 1518 mit
dem Kammerherrn von Miltitz zu Nürnberg ein Gespräch ge-
halten hatte, für eine Zeit lang durch seinen Correspondenten
Beckmann Luther zur Nachgiebigkeit raten zu lassen ?). Geschickt
hatte der Legat sich an diesen einflussreichen, aber charakter-
schwachen Mann gewandt; bei den übrigen Männern von Be-
deutung war die Neigung zum Luthertum bereits entschieden,
wenn sich auch der Rat noch zurückhaltend gegen die Bewegung
stellen musste. Er liess es auch an der äusseren Ehrerbietung
gegen die Vertreter der alten Kirche nicht fehlen. Im Februar
1519 wurde der von Augsburg sich nähernde Cajetan mit grossem
Gepränge eingeholt. Scheurl war sehr geeignet, die Empfangs-
rede zu halten; er zählte darin diesen Tag unter die Festtage
der Stadt. Kurz darauf aber schrieb er an Eck, dass Luther’s
Lehre unwiderleglich sei 3%. Den besten Beweis für die damalige
Stimmung in den massgebenden Kreisen giebt ein Büchlein %),
das vielleicht nach 1518 verfasst, im Jahre 1519 nicht weniger
als fünfmal gedruckt wurde, die „Schutzrede und christliche
Antwort eines ehrbaren Liebhabers göttlicher Wahrheit, warum
Dr. M. Luther’s Lehr nit als unchristlich! verworfen, sondern
als christlich gehalten werden soll“. Der Verfasser des zuerst
anonym erschienenen Werkes war ‚Lazarus Spengler, Rats-
Schreiber von Nürnberg, ohne Frage einer der bedeutendsten
Charaktere seiner Zeit, dessen Stellung zu der Reformation ganz
identisch ist mit der oben charakterisirten Stellung Nürnbergs
selbst. Im Gegensatz zu Scheurl war er eine religiös und sittlich
tief angelegte Persönlichkeit, und während jener nach anfäng-
licher Hinneigung zu Luther zum Katholicismus zurücktrat, so-
bald der Reformator entschieden Stellung nahm, schritt Spengler
consequent auf der Bahn des strengen Luthertums fort, niemals
nach der päpstlichen oder zwinglianischen Seite abweichend.
Am 13. März 1479 zu Nürnberg als Sohn .des Ratsschrei-
bers Georg Spengler geboren, studierte er in Leipzig die Rechte.
Nach seines Vaters Tode kehrte er 1496 nach Nürnberr nun-
1) Scheurl’s Briefbuch. 2. November 1518, an Beckmann S. 60
2) An Beckmann, 19. Dee. S. 69. ?) Briefbuch S. 89. *) Riederer, Bei-
trag zu den Reformationsurkunden S. 202.