Hans Sachs.
wenige Wochen nach ihrem Tode verfasste: Der wunder-
liche Traum von meiner abgeschiedenen Gemahel
Kunigunde Sächsin. Obschon keins mehr von den sieben
Kindern, die sie ihm geschenkt hatte, wohl aber vier Enkel bei
ihrem Tode am Leben waren: preist der wackere Mann das
Glück dieser Ehe und rühmt die Eigenschaften der Abgeschie-
denen, indem er berichtet, wie sje ihm in unwandelbarer Liebe
zur Seite gestanden habe, einsichtsvoll und unablässig bemüht,
in ihrem Kreise zu wirken. Freilich, sagt er — und gerade dieser
Tadel bürgt für die Wahrhaftigkeit seines Lobs — konnte sie
gegen das Gesinde heftig in Worten sein; aber, setzt er hinzu,
die Leute waren vielfach nachlässig, und Kunigundens Strenge
kam unserer Wirthschaft zu Gute. Dann erzählt er — wie in
einem Briefe an einen Freund — von ihrer Krankheit, ihrem
Hinscheiden, von dem Begräbniss, das unter Anstimmung „deut-
scher Psalmen“ Statt gefunden habe, Seitdem, sagt er, nagt
der Schmerz an mir, und so oft mein Auge auf ihren Stuhl
oder eins ihrer Kleider fällt, erschreckt mich meine Verlassen-
heit. Oft denke ich, fährt er fort, sie lebt noch und ist nur ab-
wesend in Geschäften oder zum Besuche bei einer Freundin.
Wenn dann aber ihr Tod mir plötzlich vor die Seele tritt, bricht
mein Leid mit neuer Gewalt hervor. Eines Tages — heisst es
in dem Gedichte weiter — war ich in Gedanken an sie ein-
geschlafen: da dünkte mir, als schwebte sie in weissem Kleide
mit züchtiger Geberde zur Kammer herein. Beglückt fuhr ich
empor sie zu umfangen ; aber sie wich wie ein Schatten zurück
und sprach:
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„Mein Hans, das mag nit mehr gesein;
„Ich bin nit mehr wie vorhin dein.“
Da fiel mir erst ein g’wiss und klar,
Dass sie mit Tod verschieden war.
Derhalben mich ein Forcht durchschlich;
Jedoch ihrer Treu’ tröstet’ mich, -
Gedacht”, ihr Geist ist kommen her,
Zu trösten mich in meiner Schwer’
Schliesslich findet der Dichter Beruhigung in dem Gedan-
ken, dass sie bei Gott wohne und der himmlischen Freuden ge-
niesse, auf die auch er seine Hoffnung stellen wolle.
Obschon sechsundsechzig Jahre altı war Hans Sachs noch