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Achtzehntes Kapitel.
Endlich erhob sie sich und verließ mit der Dienerin die
heilige Stätte. „Das war eine Weihestunde“, flüsterte sie und
fuhr sich mit der Hand über die Augen. Es war Signora Bella.
Achtzehntes Rapitel.
Betäubender Weihrauch.
An einem stillen, trüben Novembermorgen fuhr eine kleine
Flotte von Gondeln den Kanale grande hinab. Die Insassen
prangten in ihren Feierkleidern, als gälte es ein frohes Fest.
Es war die Kunstgemeinde, welche Dürer in Venedig um sich
zesammelt hatte, die wollte ihm das Geleit geben, da er sich zu
einem Ausflug nach Bologna schickte.
Es war sein Herzenswunsch gewesen, Rom, die Stadt der
Städte, das Paradies der Kunst zu sehen, und dieser Wunsch
schien sich auch verwirklichen zu wollen, da die Kunde kam, daß
Kaiser Maximilian eine Romfahrt zu unternehmen willens sei.
Dem wollte er sich anschließen, doch das Unternehmen kam nicht
zur Ausführung, und Dürer mußte entsagen. — Auch nach
Mantua wäre er gar gern einmal hinüber gewesen, um seinem
dort lebenden hochverehrten Lehrmeister Mantegna einen Besuch
abzustatten. Sofort nach Vollendung seines Altargemäldes wollte
er die Reise machen, da traf ihn am 13. September die Nach⸗
richt von des Greises plötzlichem Heimgang.
Nun zogs ihn aber nach Bologna, denn er wußte, daß
ihm dort Gelegenheit geboten würde, noch vollkommener zu
werden und einen Einblick zu thun in das Geheimnis der Per—
spektive. Nicht als ob er diese noch nicht verstanden hätte, aber