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vierzehntes Kapitel.
die Todmüden schlafen. Kommt dann der Tag, siehe, so ist der
Meister der Malens unlustig, zumal nicht allein sein Leib durch
das nächtliche Wachen geschwächet, sondern auch sein Gemüt arg
beschweret ist; denn das sollt Ihr wissen, daß selten ein solcher
Sohn erfunden werden mag, der also in Liebe an dem greisen
Vater hanget. Wie getreulich hat er allewege für dessen hilfloses
Alter gesorget, wie hat er seiner selbst vergessen, um des Grei—
ses zu gedenken.“
„Ihr saget mir nichts Neues“, unterbrach Herr Löffelholz
die Rede des Gesellen. „Was Meister Dürer an seinen Eltern
und Geschwistern gethan, ist männiglich bekannt. Mich aber
reuet meine Ungeduld, und ich will still warten, bis der Meister
Muße findet, das Bildnis zu vollenden.“ Damit empfahl er sich.
Auf der Straße angekommen, vernahm er durch das offene
Fenster der Kammer des Erdgeschosses ein lautes Stöhnen und
Seufzen, das sagte ihm von dem Weh und Ungemach, welches
der alte Meister ausstehen müsse.
In der That wand sich der Greis in großen Schmerzen.
An seiner Seite saß der Sohn, der rückte ihm das Kissen und
füllte dem Dürstenden ein Glas mit köstlichem, süßem Wein von
Rivoglio in Istrien, welchen er um teures Geld erkauft.
Danach ward der Kranke stiller. Er wendete sich nach der
Wand herum und schlief ein. Leise stand der Sohn auf und
öffnete die Thür, um frische Luft einzulassen.
Indem kam Frau Agnes und bald darauf auch die alte
Mutter, die hatten einige Stunden Schlafs gefunden und wollten
den Meister Albrecht ablösen.
Der wehrte ihnen aber freundlich: „Lasset mich nur allhier,
ich mag jetzund nicht von dem Vater gehen.“
Und so blieben die drei in der Kammer und flüsterten leise
mit einander, den Schlummernden nicht zu stören.