Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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beträfe, darin sollten sie nur ihrem eigenen Judenrecht zu folgen 
verbunden sein. Auch für fremde Juden, wenn sie mit einem Nürnberger 
Juden etwas zu schaffen hätten, sollte das Nürnberger Recht gelten. 
Denn darin ließ man den Juden Freiheit. Wie sie ihre eigene 
„Judenschule“, ihre Synagoge hatten, in der sie unbehelligt von den 
Christen ihren Gottesdienst verrichten konnten, so hatten sie auch ihren 
eigenen Rat, der in allen Fällen, die ihre Sitten und Gewohnheiten 
betrafen, wie in Ehe- und Erbsachen, zu richten hatte und die Verwaltung 
der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der Judengemeinde besorgte. Vor 
diese sollte jedoch nach einer alten Bestimmung des Nürnberger Ratẽ 
jede Ausgabe, die 10 Gulden überstieg, gebracht werden. An der 
Spitze des Rats stand ein Haupt-⸗Rabbiner, von den Christen Bischof 
genannt, der auf Lebenszeit gewählt war, die anderen Mitglieder 
des Rats, namentlich die beiden Rechner oder Gemeinführer, die 
die Finanzen der Gemeinde verwalteten, wurden alle Jahre nach 
Pfingsten von dem Nürnberger Rate, wahrscheinlich nach Vorschlag der 
Gemeinde neu ernannt. Kaufverträge über Häuser und Grundbesitz 
sollten eigentlich nur vor dem Nürnberger Stadtgericht abgeschlossen 
werden, doch haben sie auch Kaufbriefe erhalten, die von dem Nürn⸗ 
berger Judenrat in hebräischer Sprache abgefaßt sind. 
Verheirateten sich die Kinder von Juden, so mußten sie, falls sie 
in Nürnberg bleiben wollten, auch wenn ihre Väter Bürger waren, 
dennoch von neuem das Bürgerrecht nachsuchen. Andernfalls hatten sie 
bier Wochen nach der Hochzeit die Stadt zu verlassen. Wollte ein 
Jude von Nürnberg wegziehen, so mußte er in offenem Rate sein 
Bürgerrecht aufgeben, die Steuer aber noch ein volles Jahr lang be⸗ 
zahlen. Darin wurde er jedoch nicht anders behandelt, wie andere 
Bürger auch, die gleichfalls eine sog. Nachsteuer zu entrichten hatten 
(vgl. S. 115). Wer sich aber ohne Vorwissen des Rats unter eine 
andere Obrigkeit begab, zog sich außer einer bedeutenden Geldbuße 
noch den Verlust seiner sämtlichen Habe und Forderungen in Nürn⸗ 
berg zu. Man sieht, wie man jede Gelegenheit zu benützen wußte, 
von den Juden Geld zu erpressen. 
War es ein Wunder, daß sich die Juden für diese tausendfältigen 
Bedrückungen, für die immer wiederkehrenden entsetzlichen Verfolgungen, 
denen sie in Christenländern ausgesetzt waren, nun auch ihrerseits zu 
rächen suchten, daß sie die Verachtung, die ihnen widerfuhr, mit einem 
glühenden Haß auf alle Christen, mit schonungsloser Ausbeutung aller 
Geldverlegenheiten, mit der Erhebung wucherischer Zinsen und dem Aus— 
saugen ihrer Schuldner bis aufs Blut zu entgelten suchten! Juden 
und Christen lebten in einer völlig getrennten Welt. Sie kounten
	        
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