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doch selbst der Mann der Propaganda, der Vater unseres
Willibald, diesem seinem Sohne die eindringliche und wohl
überlegte Mahnung in das Land des Südens geschickt, sich
nicht im Spiel mit den Musen zu verlieren, sondern der Juristerei
ınd der späteren Lebensstellung eingedenk zu bleiben. Heute
noch in einer Zeit, deren ganze Bildung auf dem Grunde der
antiken Gesittung ruht, zeigt ja die Abkehr vom humanistischen
Gymnasium, wie schwer es Leuten fällt, die sich niemals mit
keuscher Leidenschaft und ahnendem Erkenntnistrieb dem
Altertum genähert haben. den formalen und ethischen Wert
dieser Studien recht zu würdigen; um wie viel weniger darf
man von einer Behörde aus dem Ende des Mittelalters, da
man den Segen eines freien Geisteslebens kaum zu be-
greifen anfing, erwarten, dass sie aus rein idealen Gründen
eine Sache fördere, die, von gar mancher Seite angefeindet,
mit der althergebrachten Ordnung vielfach im Widerspruch,
ihr inneres Recht erst erweisen sollte! Es mochte der strengen
Pflichtauffassung auch eines humanistisch empfindenden Rats-
herrn gar nicht angängig erscheinen, die Privatliebhaberei
der feinen Köpfe zu verallgemeinern; die Vertreter der Stadt
hatten notwendig nach dem realen Nutzen zn fragen, der
dem Gemeinwesen aus solcher Neuerung erwachsen sollte.
Auch daran mag ja beiläufig erinnert werden, dass selbst die
Geschichtspflege, wie sie der Rat durch seine Aufträge an
Meisterlin, Bonstetten und andere förderte, rein praktischen
Gesichtspunkten diente; sie entsprang dem Bedürfnis, bei
juristischen und diplomatischen Fragen schnell eine Ueber-
sicht zu gewinnen; die Ratsprotokolle beweisen, dass nach
jedem grossen Ereignis einem der Beteiligten oder einer
Kommission der Auftrag gegeben wurde, die Sache „in einer
Schrift zu begreifen‘. KEiner solchen Anregung dürfte selbst
der Kern des Pirckheimerschen bellum Suitense seine Ent-
stehung verdankt haben.
Bei dieser Richtung auf den augenfälligen Vorteil, die in
der obersten Stadtbehörde herrschte, und bei dem Gegensatz
zu der streng kirchlichen Tendenz, der einer auf dem Ideen-
gehalt des Altertums sich aufbauenden Schule nun einmal
inhärirte, kann es nicht auffallen, dass jener erste Versuch
misslang. Erst fünf Jahre später waren die Anstrengungen
der Neuerer mit Erfolg gekrönt. Wir wissen, es war Dr. Jo-
hann Pirckheimer, der den Ausschlag gab; er hatte es ver-
standen. einen praktischen Zweck in den Vordergrund zu