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Kaspar (weist es erschrocken zurüch: Ah, jetzt weiß ich,
was es ist! — Nein! Nein! behalt' es! Ich darf ja
nicht und ich will es auch nicht sehen!
Leonor': Aber alle Welt kennt es ja außer dir!
Kaspar: Ich weiß! Und doch hat bisher noch keiner
gewagt, mir davon zu sprechen. Wo hast du es her?
Leonor': Zehn Schritt von hier lag es, auf des
Lehrers Schreibe-Pult.
Kaspar: Und hast es gelesen?
Leonor': Durchjagt hab' ich es. Heiß und kalt ist
mir dabei geworden! Jedes Wort klingt so wahr, so ...
so treu für dich und kriegerisch wie ein Posaunenstoß, der
dich wecken soll! — Nimm's, Kaspar! Nur den Titel lies!
Kaspar (nimmt das Heft zoögernd und liest): Kaspar Hauser
ein Königssohn! (schleudert es von sich auf den Tisch wie Gift.)
Leonor': Ein Königssohn! — Begreifst du jetzt,
weshalb ich sage, daß man Ehrfurcht vor dir haben
fönnte?
Kaspar: Leonor', ich bitte dich, nimm es zurück! —
Wenn ich es erst gelesen habe — mein Gott! — dann
würde ich ja, dann müßte ich es glauben!
Leonor': Du sollst daran glauben! — Dies kleine
Büchel enthält die Antwort auf alle Fragen, mit denen
du dich quälst und dein ganzes, ungeheures Glück! — Da
steht es geschrieben, woher du stammst, der Name des
Königs, der dein Vater war, daß deine Mutter, die Königin—
Witwe Stephanie, nach deinem Bilde dich erkannt hat.
Denn wahr und erwiesen soll das Gerücht nun sein, daß
ihr einziger Sohn, dem das Königreich gehört, in der Wiege
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