1608
als dritten den angeführten allgemeinen Grundsätzen hinzu,
„den einfältigen Gewissen zu dienen, wollen wir nicht, daß
sich unseres Beschlusses sollen behelfen, die das Wort Gottes
pflegen vorzuwenden zu schädlicher Freiheit ihres fleischlichen
Mutwillens, und ermahnen einen jeden, der dies lesen oder
hören wird, eben dessen, das Paulus die Galater ermahnet,
daß er frei sei, sofern er der Freiheit nicht brauche zu fleisch⸗
lichem Mutwillen (Gal. V, 13). Sondern es stehe einem
jeglichen auf seinem Gewissen. Denn was nicht aus dem
Glauben fließt, das ist Sünde. Darumb, liebe Brüder,
irret euch nicht, Gott läßt sein nicht spotten“ (Gal VI. 7).
So sicherte sich das Kapitel auch nach dieser Richtung
zegen die unvermeidlichen und, wie natürlich, in manchen
Fällen nicht unberechtigten Anklagen der Gegner.
Auf Grund dieser evangelischen Gesichtspunkte stellte
nun die Versammlung sechs Artikel auf, die uns in zwie—
facher Fassung vorliegen, einer weitläufigeren, 107) augen⸗
scheinlich ein Referat Güttels an Spalatin über die Her—
handlungen, und einer kürzeren, prägnanteren, ios) in der
wir wohl mit Bestimmtheit die offizielle Fassung der
Beschlüsse zu erkennen haben. oo) Inhaltlich sind beide
Nedaktionen nicht wesentlich verschieden. In lateinischer
uid deutscher Sprache wurden diese Artikel alsbald durch
den Druck veröffentlicht und weit über die Kreise der
Augustiner hinaus von reformatoisch gerichteten Männern,
wie Jonas, Güttel u. a. verbreitet. lio) Karlstadt hing
dieselben dem Druck seines Briefes an den Kurfürsten vom
6. Januar an, in dem er den Candesherrn zu seiner Hochzeits⸗
feier mit Anng von Mochau, einer armen Adeligen, einzu—
laden wagte. u1) Der Wichtigkeit der Sache halber führen wir
diese Sätze nach dem deutschen Urdruck, der unter der