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praktischen Folgerungen Lutherscher schriftgemäßer Postulate
nicht in Zweifel läßt.!“) Während der Vikar noch die
angekündigte Antwort des Vertrauten an Katharinus erwar—
tete, sandte er ihm bereits ein anderes Pamphlet von der
Hand des Srlvester Prierias zu, den der Wittenberger
dieses Mal aber mit ein paar Seilen in der Zuschrift an
Wenzel abthat.)
Nicht minder spricht sich das entschiedene Eintreten
des Ordensoberen für den wittenberger Genossen in seinem
Briefverkehr mit Staupitz, dem nun in Salzburg zitternden
und zagenden Vater, aus. Die Ruhe, die der ehemalige
Leiter der deutschen Congregation in dem herrlichen Salzburg,
das später ein von Humboldt neben Neapel und Konstan—
tinopel als das schönste Fleckchen Erde zu bezeichnen nicht
anstand, zu finden hoffte, war ihm nicht bescheert. Das
Brüllen des mit dem dreifachen Goldreif sich kleidenden
Löwen!*) drang auch zu ihm und forderte von dem ein—
stigen Ordensoberen ein nacktes Verdammungsurteil des
aunter seinem Regimente herangewachsenen wittenberger Apo—
staten. In seiner Herzensangst wandte sich der von der
Forderung des salzburger Erzbischofs und dem Gebote der
Wahrheit, dem zu folgen das Gewissen ihm vorschrieb,
gleich sehr gequälte Mann an seinen Liebling Wenzel, sich,
den einstigen geistlichen Vater, als dessen getreuen Sohn
bezeichnend und in dem Schüler nunmehr den Vater, den
Meister verehrend. Hoffnung und Verzagtheit kämpften
in seiner Seele um die Herrschaft. „Doch“, ruft Staupitz
aus, „halte ich es für das größte Verbrechen, die Wahrheit
zu verlassen. Ich werde also den heilsamen Kelch trinken
und den Namen des Herrn anrufen. Und Du, verehrungs⸗
würdiger Vater, mögest mir beistehen mit Rat und Huülfe.