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den, aber doch in ungetrübtem Einklang mit dem Witten—
berger befindlichen Haltung finden wir neben Linck und
Pirckheimer die Mehrzahl der andern Sodalen.
Swar ist von den gemeinsamen Susammenkünften in
Scheurls Briefen gar wenig mehr die VRede, gleichwohl besteht
der Kreis fort !s) und mit gleichem Eifer liegen die einzelnen
dem Studium der Lutherischen Schriften ob. Besonders Hiero—
nymus Ebner thut sich auch in dieser Seit wieder in seiner
Verehrung für den wittenberger Meister hervor, so daß
Scheurl am 9. Mai demselben berichtet: „Ebner feiert und
verehrt Dich wie einen irdischen Gott.“ 80) Doch sind selbst
solche Huldigungen sehr vorsichtig zu verstehen. Die Vereh—
rung für Luther hat einen bedeutend persönlichen Charakter
und die Konsequenzen seiner Sätze vermögen ebenderselbe Ebner
und mit ihm Nützel und die beiden Führer so wenig zu ziehen,
daß sie durch Übersendung eines Meßgewandes Luther eine
Freude zu bereiten, 6) durch Klosterstiftungen und Processionen
gottgefällige Werke zu thun vermeinen,87) und unbedenklich
senden Ebner und Nützel ihre Töchter in das Klarakloster.'88)
Allein alle diese Handlungen sind noch zu verstehen, unfaßbar
aber bleibt Scheurls widerlicher Panegyrikus auf Cajetan.
Die angeführten Punkte mögen genügen, uns die feinen Unter—⸗
schiede der einzelnen Charaktere erkennen zu lassen.
Zwei Männer treten in den überkommenen Seugnissen
aus jener Seit weniger hervor, Dürer und Spengler, und
doch werden wir sie bald als die überzeugungstreuesten
Martinianer kennen lernen.
Die ganze erste Hälfte des Jahres 1519 aber bezeichnet in
der Entwickelung der reformatorischen Ideen in den meisten
Köpfen der CLutherisch Gesinnten einen Stillstand, vielfach
einen Rückschritt, allgemein mehr Verworrenheit, mehr Un—