101
Weise, wenn ein Mensch durch äußerliche üÜbung sich ver—
meint zu bekehren. Item das Gesetz Christi ist leicht und
einem jeden möglich zu halten mit Hülfe seiner Gnade,
welches nicht wäre, so es in äußerlicher Übung stünde“,
sagt Linck im 5. Sermon und im 26: „Unser Sleisch ist ein
Uörper der Sünden, in welchem nichts Gutes wohnet, sondern
nur das Gesetz der Sünde regiert oder wütet“. — Luther
war mit dem Satze, daß auch der vom Geiste der Gnade
beseelte Mensch zu jeder verdienstlichen Leistung unfähig
— D
tigkeit die Seligkeit finden könne, über Augustin hinausge—
gangen. Wir sahen in der Eselspredigt, daß Linck die
Werke als Verdienste zur Seligkeit ansah, er ist von dieser
Anschauung noch keineswegs frei. Er sagt im 24. Sermon:
„Also löschet aus das Almosen oder die Barmherzigkeit
alle Sünde“. Aber hinwiederum kontrastiert solcher Aus—
spruch gar sehr zu dem Worte des vierten Sermon, das
dem Lutherischen Standpunkt entspricht: „Wir dürfen nichts
Gutes warten von allen Werken unserer Gerechtigkeit, die
wir gethan haben, sondern allein von seiner Barmherzigkeit!“
und zu dem folgenden des 9. Sermons: „Da Petrus so
gar unvollkommen war, daß er in dem Leiden Christum
verleugnete und wankte im Glauben, wäre er ohne SZweifel
verdorben, so der Herr Jesus nicht angesehen hätte seine
Unvollkommenheit“. — Im 24. Sermon vergleicht der
Prediger die Gewissen der Menschen einem Stück „schnöden,
dünnen Papiers“, darin die schwarze Tinte der Sünde
eingezogen ist, und schließt das Bild mit dem Bekenntnis:
„Ich finde in mir kein so scharf Messer, damit ich sie abkratzen
möchte. Darum kann sie nicht abgeschabt werden, denn
allein durch das Wort Gottes in rechtem, festem Glauben.“