Volltext: 1828-1833 (1. Band)

298 Auf dem Appellationsgericht. 
beiseite stand, den Wunsch vor, es möge doch bekannt gemacht 
werden, daß jenem, der ihn gefangen hielt, nichts zu— 
leid geschehen werde, dies sei das einzige Mittel, sein 
Leben vor Meuchelmördern sicher zu stellen.) 
Diese schamlose Dreistigkeit (Kaspar selbst hat zu keinem Men— 
schen von der Sache gesprochen!), die auf sein wirkliches Benehmen 
in Nürnberg paßte wie eine Faust aufs Auge, wäre sicherlich wie 
eine Frechheit zurückgewiesen worden, wäre sie nicht im Gegenteil — 
das dritte Buch wird den Nachweis bringen — höchst erwünscht ge— 
kommen. Ist ihm der „Wunsch“ nicht von einem höheren Anhänger 
souffliert worden, so zeigt er dem Psychologen, womit Kaspars Seele 
sich schon damals befaßt, und um welche Zeit und bei welcher günstigen 
Gelegenheit ex sich das dazu notwendige Instrument verschafft hat. 
Damit stimmt sein unerschütterliches Gefühl persönlicher Sicherheit, 
das er in Nürnberg beinahe herausfordernd zur Schau trug. Häufig 
sah man ihn Arm in Arm mit einer Dame spazieren gehen. Sie 
hieß Karoline Kannewurf, war eine Verwandte des Bürger— 
meisters Binder, 34 Jahre alt und an den Buchhalter des Bankiers 
Wertheimer in Wien verheiratet. Die würdige Gattin tauschte nicht 
nur ihre Tabaksdose (aus schwarzem Papiermaché und mit einem 
gestickten Blumenstrauß unter einem Glasdeckel), sondern auch ihr 
1) Kaspar war „durch Ihre Majestäten selbst für den Fall beruhigt worden, 
wo Lord Stanhope die Hand von ihm abziehen würde“ — Worte des Ministers, 
Fürsten von ttingen-Wallerstein — was uns im XVIII. Kapitel sehr verständ— 
lich werden wird. Auch dieses Moment ist wichtig. Als ihm ein von dem Grafen 
gekaufter Rock bald nicht gut genug mehr war, Hickel aber neue Hemden, beson⸗ 
ders mit Rücksicht auf den mageren Stand der Kasse, für notwendiger hielt, meinte 
er, die Hemden sehe man nicht, mit dem jetzigen Oberrocke aber könne er nicht in 
in die ersten hiesigen Häuser gehen, Hemden wolle er nicht. Habe der Graf seine 
Gesinnung geändert, so ändere er auch die seine, die Welt stehe ihm offen, 
durch Malen nach orientalischer Manier und durch das Mitleid der Menschen 
sei er fseines Unterhalts auf Reisen gewiß. „Also das Los eines Bett— 
lers ziehst du dem ehrlichen Erwerbe vor?“ soll Hickels Antwort gelautet haben. 
Kaspars Gedanke war aber durchaus richtig: eine Vorstellungsreise durch Europa 
und Amerika, von einem geschickten Barnum geleitet, hätle ihn zu einem wohl— 
habenden Manne machen, aber auch — entlarven können.
	        
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