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Zweiter Teil. Die Verwaltungsämter.
vom Rat bestellten Dorfhauptmann besitzt, so hat dieser auf Ersuchen
des die Verfolgung leitenden Dorfhauptmanns den Thäter oder das ent-
wendete Gut anzuhalten. Für den Fall, dafs die Aufstellung einer gröfseren
Zahl von Bewaffneten nötig wird, sind die 138 Dörfer in dreizehn Gruppen
oingeteilt, deren jede unter einem Obersten Hauptmann steht. KErfährt
dieser, dals nürnbergische Unterthanen in einem der ihm anbefohlenen
Dörfer vergewaltigt worden seien, so befiehlt er seinen sämtlichen Unter-
hauptleuten, unverzüglich mit ihrer bewaffneten Mannschaft zu ihm zu
stofsen. Gleichzeitig hat er dem Ritter Peter Motter in Eschenau, der
als Hauptmann des Rats über sämtlichen dreizehn Bezirken steht, durch
Boten melden zu lassen, wo und wann der „Zugriff“ geschehen sei, und
wohin sich die Gewaltthäter gewendet hätten, damit je nach Bedarf auch
die andern Obersten Hauptleute zur Unterstützung aufgeboten werden
können. Der Rat, dem Sebald Böhmer nach seiner Rückkehr einen aus-
“ührlichen Bericht über die von ihm getroffenen Anordnungen nebst einem
Verzeichnis sämtlicher in den organisierten Dörfern angesessenen nürn-
vergischen Unterthanen einreichte, hoffte durch diese Ordnung im Not-
falle binnen fünf bis sechs Stunden gegen fünftausend Mann aufbringen
zu können. Die Liste der Unterthanen selbst enthält freilich nur etwa
1450 Mann: man rechnete also wohl darauf, dafs im Durchschnitt jeder
wehrpflichtige Bauer zwei bewaffnete Hausgenossen, Söhne oder Knechte,
auf den Sammelplatz mitbringen würde.
Zu Beginn des Jahres 1441 wurde diese Ordnung von Sebald Böhmer
ınd Erhard Haller revidiert und das nach Bezirken und Dörfern geord-
aete Verzeichnis der Hauptleute samt ihrer Unterthanen von neuem auf-
gestellt und vervollständigt. Im Jahre 1442 hören wir von einer
abermaligen Revision, die mit einer Vereidigung und Musterung der
wehrpflichtigen Bauern verbunden war.!) Im Jahre 1444 wurden die an
der Schwabach angesessenen Nürnberger Bauern aufgeboten, um an dem
Zug gegen Lichtenberg teilzunehmen. Vermutlich trat bei dieser Ge-
legenheit die 1439 geschaffene Ordnung noch einmal in Wirksamkeit.
Dann verschwindet sie aus unserem Gesichtskreis. Dagegen erfahren wir,
Jafs der Rat bereits im Jahre 1442 durch Erhard Haller und Berthold
Volkmeier nach einander auch den Nürnberger Hintersassen nordwestlich
ler Stadt im Knoblauchsland und zwischen Aisch und Regnitz, im Osten
bis nach Altdorf hin und ım Süden zwischen der Pegnitz und dem
it) Das Original dieser revidierten Ordnung ist in Nbg. KA. Ms. 286. fol. 3—37
erhalten. Eine Abschrift desselben aus dem XVII. Jahrhundert findet sich in Nbg.
KA. Ms. 5925.