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Exemptionsprivilegien geltend zu machen ®), Schon gegen
Ende des vierzehnten und noch entschiedener im fünfzehn-
ten Jahrhundert sehen wir es dann Ansprüche auf eine
Jurisdietion über das ganze deutsche Reich erheben. Zur
äusseren Stütze dieses Strebens dienten die alten kaiser-
lichen und königlichen Lehenbriefe Rudolfs I., Albrechts I.
und Ludwigs des Bayern. In denselben wird den Burggrafen
das Landgericht mit den Worten verliehen: Judiecium pro-
vinciale in Nurenberch, cui etiam vice imperato-
ris omne judieium judicans presidebit (sc. burgra-
vius) ®). War damit einerseits nur gesagt, dass der Burggraf
hier als unmittelbarer kaiserlicher Beamter zu richten habe, und
andrerseits, dass sich seine Competenz über alle Arten von
Rechtsfällen erstrecke, natürlich soweit diese überhaupt zur
Cognition eines Landrichters kommen konnten ?), so über-
setzte man nun im Interesse der Ausbreitung der landge-
richtlichen Competenz und jedenfalls den eigentlichen Sinn
missdeutend, diese Worte dahin, es habe der Burggraf
als Stellvertreter des Kaisers über alle richtenden
22) Riedel: Abh. S. 401. 402. Gesch. des pr. Königsh. I
S. 474. 475. Kluckhohn: 8. 62.
23) So in den Lehenbriefen Rudolfs von 1273. Albrechts von
1300 und dessen Bestätigung durch Ludwig den Bayern 1328, Mon.
Zoll. II. n. 129. S. 75. n. 435. S. 267. n.629, 8. 411. Etwas ab-
weichend ist die Fassung in der goldnen Bulle Rudolfs von 1281
und deren. Bestätigung durch Ludwig den Bayern 1328. Mon
Zoll. II. n. 246. S. 128. n. 628, 8. 409.
24) Als Parallelen zur Erläuterung des Sinnes, in dem hier
judicium gebraucht ist, können vielleicht folgende Stellen dienen:
Urkunde Kaiser Karls IV. vom Jahre 1366, worin er dem Ritter
Marquardt von Redwiz den Bann des Landgerichtes zu Roten-
burg verleiht, »also dass er soll und mag alle gericht da-
selbst richten, vollenden und thun von unserm kaisserl, gewalt,
als desselben landtgerichts recht ist. (Historia Norimbergen-
sis diplomatica 1788. n. 195.8. 429). Urkunde der Herzoge Ötto,
Ludwig und Stephan von Bayern vom Jahre 1294: Cum judicium
sanguinis, quod est homicidium, furtum et coitus violentus, ad
nos pertineat (Quellen und Erörterungen zur bayerischen
und deutschen Geschichte Bd. VI. 8.61). Erster bayerischer
ständischer Freiheitsbrief 1311: »daz wir von allen den gerichten
steen und — in deu geben — än deu dreu gerichte die zu dem
tode ziehent: deuf, todsleg, notnunft, strazraub« (Quellen und
Krört. VI S. 183, Lerchenfeld: die altbairischen landstän-
dischen Freibriefe. 1853. S 1).