Objekt: Sehnliche Abscheidens-Lust/ und seelige Gefängnüß-Auflösung

Sehnliche Abscheidens-Lust. 23 
Welt verlangen / auch sich um nichts uͤber die massen angsten 
oder kuͤmmern. Eben auf solchen Schlag lehrte der obenge⸗ 
dachte uͤrtreffliche Seneca: Ich habe genug gelebet / und er⸗ 
warke des Todes mit Freuden! Ach wieviel tausend seynd 
unter uns die sich Christen nennen / und verstehen doch diese 
Sterbens⸗Lust im geringsten nicht / foͤrchten den Tod / und sa⸗ 
gen doch / sie glauben / daß sie nach ihrem Abscheiden beyChristo 
seyn! O wiewol hat von solchen unbesonnenen Leuten jener 
fromme Kirchenlehrer geredet und geschrieben: Sehr wenig 
Menschen seynd / die da wissen / was sie recht und mit Verstand 
wuͤnschen sollen; Die meisten wuͤnschen ein langes Leben / wis⸗ 
sen und verstehen aber gar im geringsten nicht / worinnen ein 
wahres und Christliches Leben bestehe? Andere hingegen wuͤn⸗ 
schen sich wol manchmaln und oft den Tod / bedenken aber eben 
so wenig / was zu einer rechtschaffenen Vorbereitung / seelig zu 
sterben / erfordert werde / und noͤthig sehe. Wir nun / damit 
wir / in einer so hochwichtigen Angelegenheit / belangend einen 
guten Abschied aus diesem Leben / nicht fehlen moͤgen / schliessen 
alles / was bisher geredet worden / in eine ausgedruckte Herzens⸗ 
und Sinnenbildung / mahlen gleichsam auf die Tafel unserer 
Gedanken / bilden und stellen uns vor: Ein finsteres / abscheu⸗ 
liches Gefaͤngnuͤß / in welcher ein armer versperrter Mensch/ 
an Haͤnden und Fuͤssen mit Hesseln und Ketten angeschlossen/ 
erbaͤrmlich liget / das Angesicht aber / Augen / Mund / und das in 
der Brust entbloͤste Herz / gegen den glaͤnzenden GOttes Him⸗ 
mel empor gerichtet hat / aus dessen eroͤffnetem Munde diese 
Worte heraus gehen: 
Cupio dissolvi 
Oben uͤber diesem Gemaͤhlbild stehen die Worte des 142. Ps. 
HERR! fuͤhre meine Seele aus dem Kerker / 
daß ich danke deinem Namen! 
Die
	        
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