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Christ sein will, dass er sich Vater, Mutter, Bruder, Schwester
und sovielmehr grosser Herren Gunst und Gnad verzeihen muss. . .“
Er empfahl, bei der alten Behauptung zu bleiben: Sie seien
Christen, die weder auf Luther noch auf einen andern Menschen
yetauft sind; was Leib und Gut betreffe, sollen die Städte K.
M. allen unterthänigen Gehorsam und Dienstbarkeit, soviel ihnen
möglich ist, leisten. Was ihr Gewissen belangt, nähmen sie
allein Christum für ihren Seligmacher, dabei gedächten sie bis
ins Grab zu verharren,
Für die Ausschussverhandlungen giebt er folgende Gesichts-
punkte an: Am besten sei es, keinen endlichen Beschluss zu
fassen, sondern zu warten, wie sich die Läufte schicken wollen;
desto mehr würde (Gottlob) das Wort Gottes ausgebreitet und
wurzelt also, dass nachmalen nichts darwider fürgenommen
werden mag. Ein Conzil zu verordnen hat einen guten Schein, ist
aber gefährlich, denn was die Beschlüsse und acta der Concilien
bisher Frucht geschafft, wie sie auch zu vielen Malen öffentlich
wider die hellen, klaren Worte Gottes -beschlossen und wider
ainander gehandelt haben, ist offenbar und in den geistlichen
Rechten unwidersprechlich zu finden; dieselben werden auch
nicht gehalten, wie es billig sein sollt, sondern durch den grössten
Feind des Evangeliums.
So weiss ein jeder, wie sich der päpstliche Legat auf dem
letzten Reichstag erzeiget, denn erstlich will er kein frei
concilium, zum andern nicht gedulden, dass solches durch
K. M. oder die AReichsstände, sondern allein durch den
Papst fürgenommen wird, zum dritten solches nicht in Deutsch-
land, sondern in der Lombardei thun. Beschliesst ein
Conzil das, was dem Worte Gottes gemäss ist, so ist das un-
nötig, weil das Wort Gottes klar und lauter vor Augen ist,
einen Beschluss wider das Wort Gottes ist niemand anzunehmen
schuldig. Doch hält Spengler ein freies Conzil als momentane
Hülfe für statthaft. Das Edikt von Worms erkennt er durch
den Nürnberger Abschied von 1523 als aufgehoben, er emmnfiehlt
einfach, bei diesem zu beharren.
Am 4. April erfolgte der Beschluss über die Religionsfrage.
In Anbetracht der kaiserlichen Mahnung sollte das Wormser
Edikt so weit als möglich ausgeführt werden, doch sei es gut,
bei dem Legaten um ein allgemeines oder ein Nationalconzil
anzuhalten. Ein Gutachten der Städte1), das aber wirkungslos
blieb, hatte im Geiste Spengler’s den lutherischen Standpunkt
vertreten, Es erwähnte das Edikt gar nicht und bestand auf dem
letzten Reichstagsahschied: Veränderungen desselhen würden Auf-
) Richter, S. 105. Förstemann, S. 150.