Metadaten: Nürnbergische Prospecte, beÿ Pet. Conr. Monath

5 
chanischen Künste vor uns haben, so muss die durch den geflü- 
gelten Knaben vertretene Kunst jedenfalls etwas Besonderes zu 
bedeuten haben, da der Künstler diese allein durch ein menchlisches 
Wesen — abgesehen von der Hauptperson —, zu verkörpern 
für nötig fand. Nun als Grundlage aller freien Künste und alles 
Lernens überhaupt, als „Eingangsthor zum Tempel aller Wissen- 
schaft‘ galt von jeher die Grammatik. Hat sie doch auf dem 
berühmten Fresko in der spanischen Kapelle zu Florenz die 
Eingangspforte zur Wissenschaft leibhaftig neben sich und auf 
dem hier umstehend abgebildeten Holzschnitte aus der Margaritha 
philosophica schliesst sie mit mächtigem Schlüssel dem lernbegier- 
igen Knaben den Turın der Wissenschaft auf. Dabei hält sie 
dem Knaben ein genau solches holzumrahmtes und mit einem 
Handgriffe versehenes Täfelchen hin, wie der kleine geflügelte 
Knabe auf Dürers Stich vor sich auf den Knien hat. Es ist eine 
Schreibtafel, mit Wachs ausgelegt. Wir können das mit aller 
Bestimmtheit daraus entnehmen, dass” der Griffel, mit welchem 
Dürers Knabe schreibt, am oberen Ende eine Schaufel hat, wie 
sie zum Wieder-Glattstreichen des in das Wachs Eingeritzen be- 
nutzt wurde. In verschiedenen Altertümer-Museen Deutschlands 
sind solche Wachs-Schreibtafeln aus städtischem Besitze erhalten. 
Auch die Schüler-Schreibtafeln waren damals der Art. Man ver- 
gleiche nur beliebige Darstellungen aus der Zeit.! Auf dem Titel- 
holzschnitt der Margaritha philosophica (oben S. 58) hält die 
Grammatik selbst eine solche "Tafel in der Hand. Wird sie 
doch ohnehin am Ausgang des Mittelalters vielfach direkt identi- 
fiziert mit der Schreibkunst („ars scripturarum“), so in dem eben 
genannten Werke des Polydorus von Urbino und in Schedels 
Beschreibung der Brandenburger Bibliotheksbilder. Mit dem Er- 
lernen des Schreibens begann eben von jeher jeder höhere Un- 
terricht. In den Miniaturen der Ambraser Handschrift aus dem 
14. Jahrhundert, die Schlosser in dem oft genannten Aufsatze 
abgebildet hat.? reicht die Grammatica dem Knaben die Brust, 
1 Ich verweise noch auf die Illustration des Pseudoburgkmair in 
dem Werke «Von den Erfindern der Dinge» des Vergilius Polydorus 
von Urbino, Augsburger Ausgabe von 1537 Cap. 7, pag. XII 
2 Allerh Jahrb. XVII. T£ IV.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.