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gelehrten. Allein die Berichte Scheurls, in dem Geiste seiner
lobreichen Sprache erfaßt, lassen erkennen, daß er in Staupitz
mehr als den Träger religiöser Wahrheitsbestrebungen ver—
loren hat. Und wenn wir ihn Lincks Verkehr mit Ebner,
Nützel, Holzschuher, Tucher, Pirckheimer, Spengler und
Dürer so betonen hören, ohne daß er, wie einst mit Vor—
liebe zu Staupitzens Seit, von seinem vertrauten Umgang
mit dem Prediger redet, so können wir zwar nicht auf eine
gegenseitig fremde Haltung, wohl aber auf einen nicht
tieferen und namentlich nicht religiös gefesteten Freundschafts—
bund schließen. Diese Annahme wird ferner durch die uns
überkommenen Seugnisse des engen Verhältnisses Lincks zu
andern Sodalen positiv bestätigt. Kein Wunder! Bei aller
geselligen Liebenswürdigkeit war Wenzel doch eine zu tief
angelegte Natur, als daß ihn ein vorzüglicher Verkehr mit
diesem äußerlichen Manne, der in seinen Reden glatt wie
sein Gesicht war, der, in allem oberflächlich, jede Schärfe
und Härte fürchtete, auf die Dauer befriedigen konnte.
Scheurl ist denn auch in voller Anerkennung seiner namentlich
gesellschaftlichen, sowohl engeren als weiteren, Verdienste
nichts ganz gewesen und geworden: kein Humanist und kein
Patriot, kein Katholik und kein Lutheraner, — er war ein
geborener eitler Diener aller, fast möchte ich sagen, der
Bader der damaligen gelehrten Welt.*)
Ein ganz anderer Charakter war Wilibald Pirck—
heimer, ohne Zweifel das wissenschaftlich gelehrteste Glied
des Kreises, einer der ersten Humanisten seiner Seit und
von Scheurl stets beneidet und gemäß seines Charakters
deshalb gehaßt. Wir haben hier nur die Periode bis
1520 ins Auge zu fassen und in dieser konnte Pirckheimer
als ein eifriger Anhänger antipapistischer Bestrebungen