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Nürnberg war aus der Reihe der großen Städte geftrichen,
Feinlich, engherzig, befchränfkt werden Handel und Wandel,
das Öffentliche und private Wefen.
Nicht mehr das urmüchfige, Fräftige Treiben, Feine Spur
des mwarmblütigen Lebenz, das in der Gefellenfchaft Alt-
nürnberg$ pulfierte, fein großer Kampf, Feine heitere, derbe,
überfhäumende Freude am Dafein 887, Feine Thatkraft und kein
BZujammenhalt. Eingezwängt in öden Wortfram, verfümmernd
in befchränfter Selbftgenügfamfkeit, mit den unbegriffenen
yormen fich abquälend, in denen längft fein Inhalt mehr war,
jo ift das Gefellenwejen feit der Mitte des 17. Yahrhunderts.
€3 gipfelt, wie die Ordnung der Seidenwebergefellen, die
leßte, die der Kat erließ, in Gottesfurcht und fünfzehn-
itündiger Arbeit. Wie Mürnberg nur noch ein Schatten
feiner felbft war, fo war die Gefellen]haft des 18. Yahr-
Yundert3 bloß ein Schemen. Nürnberg fchlief einen langen
Schlaf. Die napoleonifdhe Ära mußte kommen, der Schöpfer
des modernen Bayerns, Montgelas, mußte MHürnberg an
Bayern angliedern, ehe e3 zu neuem Leben erwachte. Uns
befhäftigt nicht das neue Zeitalter. Da wir Mürnberg ver-
laffen, liegt e8 im Dunkel. Wo vordem eine vigenartige
Sejellenbewegung mächtig gebdieh, da ift nun alles verfallen.
Zwifchen eingefunfkfenen Leichenfteinen, den Mäglichen Trümmern
einer großen Vergangenheit, verkonumt das Handwerk, ein
Hungriges Zwerggefträuch, das miühjam am Boden hinkriecht.
Sin SGräberfeld, worauf nur die Zotenblumen wuchern.