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Wieder umkehrend.) Halt, ich darf mir nichts vergeben. Aber
er geht wahrhaftig, — ach! das ist zu viel, — er ist fort, er
ruinirt mich, oh, ich unglückliches Weib! (Wirft sich schluchzend
in den Lehnstuhl; Pause.) Er kommt nicht wieder, — was kann
sch thun —? (Entschlossen.) Ich geh' auch fort! — Aber erst
schreib' ich ihm, — oh, ich will ihm schon gehörig schreiben, —
und Sand d'eauf streuen, Sand! daß er sich damit kann be—
graben lassen. (Hat Papier und Feder genommen.) Also — (chreibt)
„Mein Herr! — Ihr Betragen hat mich überzeugt, daß wir
nicht mehr für einander passen, — wir wollen uns trennen, —
ja das schreib' ich — trennen. — Es ist sehr — schmerzlich,
venn man mit — mit der Suppe wartet, — und heute —
heute (weinend) — haben wir eine Kalbskeule gehabt, — so
lohnen Sie mir — meine Liebe! — Nach dem Vorgefallenen ist
eine Versöhnung unmöglich, — Sie sind der Mörder meines
Glücks, mein Mörder, und ich — verbleibe mit Hochachtung
— — Ihre — nein, nicht mehr Ihre — Adele.“ — So, und
nun ein Postseriptum — „Leben Sie wohl, auf ewig!“ —
„pfui!“ — Cegt die Feder hin und bleibt sitzen.) — Ach, daß es
so weit gekommen ist, so schnell Wittwe, — — und morgen ist
mein Geburtstag, — ich hatte mich so d'rauf gefreut; — ach!
und was wird die Auguste sagen, mit ihrem Apotheker! Diese
Schmach überleb' ich nicht. (Ist immer mehr, das Gesicht ver—
hüllend, in sich versunken. — Nach kurzer Pause hört man plötzlich
von außen einen Quartett-Gesang. Adele horcht erschrocken auf, sieht
sich verwundert um, und hört, nachdem sie zu sich gekommen, erfreut
zu. Gegen den Schluß der ersten Strophe löscht sie rasch die
Lampe aus).
(Gesang hinter der Scene.)
Ständchen.
Kannst Du schlafen, kannst Du träumen
In der linden Frühlingsnacht,
Wenn vor Deinem stillen Fenster
Liebend Dein Geliebter wacht?