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Dreizehntes Kapitel.
kommen. Denn das sollt Ihr wissen, daß sie zu Euch ein
größeres Vertrauen heget als zu ihrem eignen Vater.“
„Gern bin ich zu Euren Diensten, Freund“, versicherte
Dürer, „doch ist das meine feste Zuversicht, daß ich einen Boten,
von Euch entsendet, nimmer erschauen werde, bis Ihr selber
heimkehret, den Lorbeer um die Stirn.“
„Gott walts!“ rief Wilibald, fromm zum Himmel auf—
blickend, reichte dann dem Freunde die Hand zum Abschied und
spornte sein Roß der Schar entgegen, welche alsbald unter
fröhlichem Geschmetter der Trompeten und unter dem brausenden
Heilruf des Volks von dannen zog.
Wochen waren vergangen, aber aus dem Feld kam nimmer
eine Kunde. Dieses lange Schweigen fing die hoffenden Ge—
müter allmählich an zu drücken, und in den Trinkstuben, wie
an den Brunnen, oder wo sonst Menschen zusammen kamen,
wurde von nichts anderm geredet.
Dürer begab sich öfter nach dem Herrenmarkt, zu sehen,
wie die Gemahlin seines Freundes die Vereinsamung trüge, und
mit ihr von dem Abwesenden zu reden. Das that der Geäng—
steten immer wohl, wenn sie das volle Herz ausschütten konnte
gegen einen Menschen, von dem sie wußte, daß ihre Freude
seine Freude und ihr Leid sein Leid sei, und der es so meister—
lich verstand, Bekümmerte aufzurichten durch sein lindes Wort
und seine vertrauenerweckende Seelenruhe.
Schier zwei Monate waren verstrichen, da verbreitete sich,
nachdem vorher manche dunkle und sich widersprechende Nachrichten
eingelaufen waren, in der Stadt durch einen Fahrenden die
Kunde, daß den Kaiser auf Schritt und Tritt das Unglück ver—
folge, da die Hilfstruppen nur langsam und säumig gekommen