Objekt: Pirckheimer-Studien Buch I und II

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Familienüberlieferung vollauf bewusst. Und nicht nur das 
Hochgefühl des Nürnberger Patriziersohnes, den gleich sei- 
ne Geburt mit einer glorreichen Vergangenheit verknüpft, 
und der darin einen festen Halt und eine bindende Norm des Han- 
delns findet, auch im besonderen sein wissenschaftliches Streben, 
das ihm die Nachwelt dankt, wurzelt auf demselben Grunde : er 
war nicht der erste seines Stammes, der den er- 
wachenden Musen Griechenlands huldigte; schon vor ihm 
verdienen mehrere seines Namens einen Ehrenplatz in der 
Geschichte des deutschen Humanismus. Und das darf man 
gerade jetzt mit besonderer Genugthuung betonen, wo der 
Versuch gemacht worden ist, der alten Noris ihren Anteil 
an der Rezeption der grossen geistigen Bewegung zu ver- 
kümmern.*) Hier liegt das allgemeine Interesse dieser Arbeit: 
an einem hervorragenden Beispiele von typischer Bedeutung, 
für das uns zufällig gute Quellen erhalten sind, erhellt gegen 
Herrmanns nur ex silentio argumentirende Anklage, dass das 
Nürnberg des 15. Jahrhunderts auch weiterhin mit den Augen 
eines Aeneas und Hutten betrachtet werden muss, dass es 
keineswegs das Neue misstrauisch und ängstlich ablehnte, 
sondern es lebendig erfasste, und in der That den alten 
Ruhmestitel in Anspruch nehmen darf, die geistige Führerin 
der Nation genannt zu werden. Speziell für Willibalds Ent- 
wickelung aber ist es von Bedeutung, dass es nicht des Ein- 
flusses des italienischen Geistes und des fortreissenden Genies 
eines Celtes bedurfte, ihn zu den Humaniora zu führen; seinen 
Vorfahren in erster Linie verdankt er Anstoss und Richtung 
seiner Studien. Und endlich: bei ihnen zeigen sich auch, 
rein menschlich betrachtet, bemerkenswerte Vorzeichen 
seiner persönlichen Art. So bedenklich es ist, die Geheim- 
nisse der menschlichen Individualität erklären zu wollen, so 
wenig eine feine und reich organisierte Natur die Ableitung 
aus den Voreltern im Einzelnen verträgt, so sicher ist es 
doch, dass eine gewisse Grundrichtung des Charakters sich 
vererbt. Gerade die herben Seiten seines Wesens, die ihm 
alle Welt zum Feinde machten und ihn selbst verbitterten, 
die Leidenschaft und selbstbewusste Hartnäckigkeit, das 
trotzige Pochen auf sein gutes Recht und der Oppositions- 
Irieh. die ihn kennzeichnen in der Fülle der Kraft. — und 
*) Vgl. Max Herrmann. die Rezeption des Humanismus in 
Nürnberg, 1898.
	        
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