726
— —⸗
damals zunächst nur noch selten nach Nürnberg. Dagegen zählte neben
dem Augustinerprior Wolfgang Volprecht auch der neue Abt des
Schottenklosters, Friedrich Pistorius, ein gern in stiller Zurückgezogen⸗
heit lebender Mann, der dem bei den Anhängern Luthers in üblem
Rufe stehenden Wolfgang Stromer gefolgt war, zu den Freunden der
neuen Richtung.
Der Rat mußte vor allem darauf bedacht sein, den Schein zu
wahren, weil damals im Oktober 1521 in Nürnberg das Reichsregiment?)
zusammentrat, zu dessen Einführung sich der junge Kaiser in seiner
Wahlkapitulation verpflichtet hatte. Nürnberg hatte sich sehr darum
bemüht, es in seine Mauern zu bekommen, und die Bedenken, die an—
fangs wegen der in der Stadt herrschenden Seuche dagegen erhoben
wurden, glücklich zu beseitigen gewußt. Das Reichsregiment sollte
wie das frühere (von 1502) eine ständische Vertretung, eine Art
Reichsparlament sein, bestehend aus 24 Mitgliedern und einem Statt—
halter, den der Kaiser ernannte. Auch Nürnberg durfte einen Ver—
treter dazu delegieren, eine zeitlang war dies Kaspar Nützel. Das
Regiment, das in der Behausung des Heinrich Meichsner an der Fleisch—
brücke (2) seinen Sitz hatte, schrieb auf Anregung des Kaisers der Türken—
not wegen, unter der namentlich Ungarn zu leiden hatte, für den
24. März des nächsten Jahres (1522) einen Reichstag nach Nürnberg
aus, der jedoch, da er ganz ausnahmsweise schwach besucht war, auf
den Herbst verlegt wurde. Auch dieser kam erst nach vieler Mühe am
17. November zur Eröffnung. Der kaiserliche Statthalter, Erzherzog
Ferdinand, Kaiser Karls jüngerer Bruder, war schon zwei Monate
früher in die Stadt eingeritten. Sein Empfang war diesmal nicht
so glänzend, wie ein Jahr vorher, da er im August (1521) vorüber—
gehend in Nürnberg anwesend gewesen war. Damals hatte der Rat
die ganze bewaffnete Mannschaft mit Geschütz und Pferden, das Fuß—
volk allein, meist Handwerker, in der Stärke von 5000 Mann ihm
zu Ehren entgegengesandt, zum Teil wohl auch, um den Fremden die
allzeit bereit Wehrkraft der Stadt zu zeigen. Der Erzherzog hatte
sich auch sehr leutselig und höflich gezeigt, namentlich gegen die ehr—⸗
baren Frauen, für die er bei dem Rat Fürbitte that, er möchte ihnen
die „unholdseligen Stürz“ (s. oben S. 675) abzulegen gestatten. Da—
mals war der Rat fest auf seiner Weigerung bestanden, jetzt konnte
er die erneuerte Bitte des kaiserlichen Prinzen, mit dem sich auch
andere Fürsten verbanden, nicht abschlagen und die Frauen wurden
von dem so lästig empfundenen Kopfputz endgültig befreit.
———r — — —
*) Zugleich mit dem Reichskammergericht.