Objekt: Johann Tobias Kiessling und einige seiner Freunde nach ihrem Leben und Wirken

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fchläge der Werzte mehr als die Mathfchläge des Evangeliums; 
manche Uebung. der SottfeligFeit. unterblieb, ich wurde fchläfris 
ger, und verließ diefe beiden Orte, obgleich vor Menfchen ganz 
mit dem Ruhm eines ftillen frommen Sünglings — aber mit 
einem bereit& vom Suten wieder abfommenden Herzen. Warum? 
ich hatte noch Feinen lebendigen Glauben an Chriftum, noch 
Feine wahre Liebe in mir, — folglich noch Feine rechte Kraft 
um Suten.“ 
„So fah e8 in meinem Herzen aus, als ich hieher nach 
Nürnberg berufen wurde. — — — Die guten Tage, welche 
ich ‚nun genoß, die zunehmenden Zerfireuungen, die unerwarteten 
Stücsumftände, in welche ich frat, die neuen Dekanntfchaften, 
in welche ich gerieth, Beifall und Chrenbezeigungen von allen 
Seiten, Fonnte ich fo rafy und fchnell aufeinander, zumal da 
das Sefühl für SottfeligFkeit und Chriftenthum bereits gelitten 
hatte, nicht ertragen; genug, ich fank in die Welt und verlor 
die guten Vorbereitungen der Gnade Sottes in meinem Herzen 
wieder, wenn gleich immer mit einem gefchlagenen Sewiffen.“ — 
Unfer Kießling meinte in allen folchen Fällen immer: 
was nicht ift, Fann noch werden; und Gott hatte ihn ja ein Uie- 
bend freundliches und geduldiges Herz auch gegen grobe Sünder 
und gegen foldhe gegeben, welche feinen Weg und feine Weife 
haßten, gefchweige gegen einen folchen nicht mit Willen, fonz 
bern nur aus menfchlicher Schwäche irrenden, Kiebevollen jungen 
Mann. Indef Geduld mußte er auch mit diefem gerade genug 
haben. Denn wenn er etwa in freien Übendftunden Schöner 
zu befuchen Fam und aus einem von der Seligkeit überfließenden 
Herzen mit ihm fprach, wobei er dann zugleich als Bücherz 
berleiher ein und das andere fchöne Buch, das diefelbe Sprache 
redete, mit fich brachte und e& dem Herın Diaconus gar drin 
gend zum Lefen anempfahl, da machte diefer eben Fein gar freundz 
liches Seficht dazu. E$ Fam ihm vielmehr vor, als wenn er 
bas AMes fehon felbfit wüßte, und im Grunde genommen, als 
Selehrter, doch noch etwas beffer als Herr Kaufmann Kieß = 
ling und auch als die Bücher da, die ihm diefer brachte: die
	        
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