Volltext: Der Heiligen Leben, Winterteil, 1. Teil – Nürnberg, STN, Cent. IV, 79

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entweder ganz oder teilweise erlassen würde. Und der Rat war gnädig 
und rücksichtsvoll und darf man wohl sagen, klug genug, die Erben 
von ihrer Verpflichtung gänzlich loszusprechen. Auch sonst wurde ihnen 
die Schuld des Vaters nicht weiter nachgetragen. Schon im dahre 
1479, also nur 10 Jahre nach der Exekution finden wir Muffels dritien 
Sohn Gabriel im Rat. 
Der Gerichtete hinterließ sechs erwachsene Söhne und zwei Töchter, 
von denen die eine verheiratet, die andere im Kloster zu St. Claren 
als Nonne untergebracht war, alles schöne Kinder, „als gerad sün, als 
man sie vinden mag und zwu gerad schön töchter“. Gewiß ein Um— 
stand mehr, der ihm die Sympathieen des dem strengen Regiment deß 
Rats auch sonst wohl eher ab- als zugeneigten Volkes verschaffen 
mußte. Auch er selbst mag ein schöner stattlicher Mann gewesen 
sein. Sehr stark kommt die dem Rate feindliche Stimmung des Volkes 
in einem Gedicht zum Ausdruck, das uns noch erhalten ist,“) worin die 
ganze Anklage gegen Muffel als ein einziges Lügengewebe hingestellt 
ist, das der Haß und der Neid der übrigen Ratsherren ersonnen hätten, 
um den mächtigen Mann zu Falle zu bringen und sich an seine Stelle 
zu setzen. Aber nicht bloß das Volk, auch auswärtige Fürsten und 
Herren nahmen sich des Verurteilten an und der Rat sah sich genötigt, 
nicht nur die Genannten zusammenzurufen und ihnen den wahren Sach⸗ 
verhalt klar zu legen, sondern auch an verschiedene Höfe, selbst nach 
Rom Schreiben ausgehen zu lassen, die sein Verfahren recht⸗ 
fertigen sollten. 
Daß angesichts einer so klar erwiesenen Thatsache, wie es die 
Schuld Muffels war, doch der Verdacht eines Justizmordes gegen den 
Rat nicht nur heimlich und im Stillen, sondern laut auf offener Straße 
erhoben werden konnte, erklärt sich neben den anderen schon von uns 
berührten Gründen leicht aus den Gebrechen der damaligen Justiz. Es 
war nicht allein die Folter, die in diesem, wie in vielen anderen Fällen 
nur zu leicht den Glauben an ein erzwungenes Geständnis des Ge— 
marterten aufkommen ließ, es war vornehmlich auch der Umstand, daß 
die Rechtsprechung hinter verschlossenen Thüren stattfand und daß die— 
selben Ratsherrn, die als Kläger gegen den Angeschuldigten auftraten, 
auch zugleich seine Richter waren. Und war es nicht bekannt, daß sich 
Muffel durch sein hochfahrendes, eigennütziges Wesen bei seinen Amts— 
genossen im höchsten Maße unbeliebt gemacht hatte? Ferner, ob der 
sonst ganz auf Seiten des Rats stehende Annalist Müllner mit Recht 
den Vorwurf einer „geschwinden Execution“ gegen den Rat erhebt, 
*). Es ist abgedruckt bei Lilieneron, R. v., Die historischen Volkslieder 
der Deutschen J. Bd. S. 5608 ff.
	        
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