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Bestätigung des Rates ab, und dieser steuerte auf jede
Weise den Exemtionen und Privilegien der Ruttenleute, wie
dem Abschluß dieser kleinen Gemeinwesen durch eine mög—
lichste Loslösung von ihrem Gesamtorganismus. 11) Die
dadurch den Ratsgliedern obliegende Entscheidung in kirch⸗
lichen und klösterlichen Fragen erforderte Beschäftigung mit
denselben und, wie mit der durch die Beschäftigung geför—
derten Kenntnis und dem Gefühl der Verantwortlichkeit
das Interesse wächst, so ging mit dieser kirchlichen Selb—
ständigkeit ein religiöses Interesse Hand in Hand. Dieses
Interesse gab sich äußerlich in den herrlichen Werken christlicher
Ciebe kund, an denen Nürnberg in der That reich war
und die wir nicht allein auf Rechnung des gegenseitigen
Überbietens reicher Patrizierfamilien zu setzen berechtigt
sind. 18) Innerlich bethätigte sich dasselbe in dem Sinn
und Eifer für die christliche Predigt. 19) Dieses religiöse
Interesse hatte allein das Heil der Seelen im Auge. So
entstand das wunderliche Gemisch evangelischer Ansätze und
ängstlich beobachteter mittelalterlicher Äußerlichkeiten, ein
Bild der Unsicherheit, hervorgegangen aus dem Kampfe
des eigenen Empfindens mit der Furcht vor den Macht—
sprüchen und Seelenratschlägen einer Hierarchie, deren Haupt
sich den Stellvertreter Christi nannte. Treten wir dem
interessanten Schauspiele näher. Lesen wir die Briefe des
Juristen Sixtus Tucher, eines nürnberger Patriziersohnes
und Propstes zu St. Lorenz um die Wende des Jahrhunderts,
die derselbe an die Äbtissin Charitas Pirckheimer schrieb,
so atmet uns eine Herzensfrömmigkeit entgegen, die, selbst
ein Ausfluß seiner mystischen Anschauung, über Werkheiligkeit
und kirchlich⸗-klösterlichen Institutionen Gottes in Christo
geoffenbarte Barmherzigkeit als die Heilquelle betont, ?)