18
der kommt erst, wenn er alle Lieder spielen kann! Ich lern'
jetzt das Nähen, und wenn er kommt, soll er schaun, was ich
alles gelernt hab!“
Acht weitere Jahre waren darüber ins Land gezogen, da
trieb den Waidmann die Sehnsucht nach dem lieben Nürnberg
der Heimat zu. Und wie ich so um den Stadtgraben wandere,
fällt mir das Hallerthor wieder ein. Der Wunsch wird in mir
wach, der kleinen Rettel hinter der Stadtmauer die knappan—
liegende Joppe und den schmucken Hut des Forstmanns zu zeigen.
Ich lenke meine Schritte den wohlbekannten rtlichkeiten zu.
Die erste Veränderung, die ich finde, ist die, meine alte öEbstlerin
nicht mehr anzutreffen. Ich eile an das kleine Häuschen hinter
der Stadtmauer; spiegelblank glitzern die Fensterscheiben hinter
blühenden Nelkenstöcken hervor, ich klopfe an, keine Antwort! —
Eine freundliche Nachbarin beantwortet meine Frage nach der
Rettel, die da gewohnt hat, indem sie die runzligen Hände an
der verblichenen blauen Schürze trocknend mit wichtigem Nach—
druck sagt: „Die Fräuln Margaret, meinen Sie? Die geht aufs
Nähen, seit die Großmutter tot, ist sie keinen Tag daheim!
Gefällt Ihnen wohl auch, Herr Oberförster ““ zwinkerte sie mich
mit pfiffigem Lächeln an. GSchmeichelhafte Erhöhung meines
FSorstassistenten-Kanges.) „Ein sauberes Mädel ist sie, hätt' manchen
Schatz haben können, aber brav ist sie alleweil geblieben. Keinen
hat sie angeschaut, ob er schwarzes oder hellblaues Tuch ge—
tragen, das war ihr alles eins! Bis nun der richtige gekommen
ist. In 14 Tagen soll die Hochzeit sein!“
„So?“ sagte ich, „und wen heiratet sie denn 7“
„Doch den Hanni vorm Thor draußen! Der ist aber ein
strammer Herr geworden. Und's Geigenspielen kann er, da
machen's Ihnen keinen Begriff! Man sollt nicht denken, daß
in'n so'n klein' Kästle so arg viel schöne Liedle stecken können!
Bei der Musi hat er eine Stell bekommen und da holt er seine
Margaret heim!“ Die Frau gab sich ersichtliche Mühe, möglichst
hochdeutsch mit mir zu sprechen, dazwischen aber kam immer der