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Reichsstadt zu Reichsstadt konnte dem Nürnberger Meister in den
gesinnungsverwandten Kreisen nur. eine freundliche Aufnahme seiner
Werke im voraus sichern, dabei darf vor allem auch die tonange-
bende Stellung, die Nürnberg behauptete, nicht übersehen werden.
So sind die Reichsstädte den Werken Hans Sachsens gegenüber als
ein Hort konservativer Bestrebungen zu betrachten. Diese wurzelten
umso tiefer in der Seele des Volkes, als die Poesie Hans Sachsens
sich vielfach Stoffe wählte, die die bürgerlichen Kreise in der ganzen
Tiefe ihres Gemütslebens fesseln mußten.
Nürnberg führt, wie leicht verständlich, den Reigen der Reichs-
städte an, hier erschienen die meisten KEinzeldrucke. Ihm steht
zunächst Augsburg und daran schließt sich noch eine Reihe anderer
Städte. Die Einzeldrucke erstrecken sich bis in das 18. Jahrhundert
hinein. Es wäre zwecklos, hier eine vollständige Aufzählung dessen
zu wiederholen, was Weller und Goedeke zusammengetragen haben
und Goetze in der Ausgabe von Sachsens Werken sorgsam verzeichnet
hat. Zu bemerken ist allerdings, daß der Name des Hans Sachs schon
in der ersten Hälfte‘ des 17. Jahrhunderts vom Titel dieser Drucke
verschwindet; Hans Sachs ist bereits der volkstümlichen Literatur
verfallen. Die Einzeldrucke lehren uns nicht nur, wo eine besondere
Nachfrage nach Hans Sachsens Werken herrschte, sondern vor
allem auch, welche der von ihm behandelten Stoffe sich besonderer
Beliebtheit erfreuten, sie sind ein Gradmesser für den Beifall, den
einzelne seiner Dichtungen fanden. Als ein sehr beliebter Stoff
erscheint da das hausbackene Stücklein „Die neunerley heud ‚einer
bösen frawen sambt ihren neun eygenschafften“!, es wird noch
durch Drucke aus den Jahren 1640 (Nürnberg), 1680 (Regensburg),
1710 (nach Weller Nürnberg) verbreitet, freilich ohne Hans Sachsens
Namen.? Georg Klemsee, Burgvogt zu Altenburg, hat in seiner
geschwätzigen, gegen die Frauen gerichteten „Kurtzen Erklerung,
Wie ein Pferd’ und ein Frawenperson in vielen Stücken mit einander
verglichen werden, auch einander gleichen sollen“ (1624, Gun), 3
das Vorhandensein der neun Häute als Grund angeführt, weshalb
den Frauen Prügel nicht schaden. Während er in diesem Falle
Hans Sachs, den er doch benutzt hat, nicht nennt, fordert er (K V ı)
1 Hans Sachs, hg. von Keller, 5, 232—236,
2 Weller, Hans Sachs, S. 33,
8 Berlin, Königl. Bibliothek, Yh 9941.