44
Nähe am Waldsaum stand. — Die wachsende Gefahr spornte zur Auf⸗
wendung aller Kraft und so kam man denn auch in aller Hast bald mit
dem Herablassen des kostbaren Gutes zu Stande, das der Marksraf sicher
zu mächtigen Mörsern hätte umgießen lassen, falls es ihm in die Hände
zefallen wäre. Auch auf die bereit gehaltenen Schleifen bekam man es
ald — aber wohin nun damit. In den nahen Wald unterhalb der
Gritz, dazu reichten die Kräfte nicht aus, auf den schlechten Wes es bergan
zu schleppen, auch wenn sie der Feind nicht bemerkt haben würde. Endlich
schien dem ältesten der Führer ein rettender Gedanke gekommen. Bedächtis
legte er den Zeigefinget an die gerunzelte Stirn und sprach: „Wo wären
unsere Glocken wohl besser verwahrt als dort unten auf dem Boden des
Sees, der wie man sagt, so tief ist, daß der Kirchturm in ihm verschwinden
würde. Also angepackt, CLeute.“ Und beifällig nickend spannten sich die
Ulten an das seltsame Fuhrwerk und bergab gings an die Stelle, wo die
Wellen des Sees an das sandige Ufer heranrollten und da, wo das
Gestade am steilsten und das Gewässer am tiefsten war, verschwanden die
Glocken unter dumpfen Geplätscher im schlammigen Grunde.
Es war aber auch höchste Zeit gewesen, denn schon tauchten neben
dem Kirchlein und im Hohlweg des Dorfes lanzenbewehrte Reisige auf,
allen voran der Hauptmann des Streifzuges auf schäumendem Roß, und
stürzten sich auf die zu Tode erschrockenen Bauern, die jeden Uusweg zur
Flucht sich versperrt sehend, bebend auf die Unie sanken. Umsonst war
alles Bitten und Flehen, die Greise wurden zusammengeknebelt hinweg—
geschleppt, indeß man die Dorfhauptleute in strenges Verhör nahm, wobei
die Ungst ums Leben ihnen bald ihr Geheimnis abgenötigt hatte, die
Brandfackel flog droben in des Kirchleins hohes Giebeldach und pflanzte
sich mit rasender Eile in den elenden, strohgedeckten Hütten fort, während
drunten am Ufer des Sees die beiden Urmen zum letzten Gebete
zusammenkauerten, um dann von den Fäusten roher Kriegsknechte hinein—
gestoßen zu werden in das dunkle Gewässer, just an der Stelle, wo die
Glocken man hinabgesenkt.
Viele Jahre vergingen. Der Opfersinn der Pfarrgemeinde hatte
längst schon ein neues, aus der Werkstätte der berühmten Glockengießer,
gen. Rosenhart, hervorgegangenes Geläute — die Unvollkommenheit der
Apparate machte eine Hebung des alten unmöglich — auf dem wieder—
erbauten Kirchthurm aufgehängt. Das Seebecken hatte sich mehr und
mehr verengert und nur die Tiefe, in der die Glocken lagen, war noch
vom Wasser überfluthet. Die Sage von dem Vorkommnis im Jahre 1449
verpflanzte sich vom Ahn auf den Enkel und drang nach mehr als
200 Jahren auch in das an der Pegnitz aufwärts gelegene Schloß, die
obere Bürg genannt, damals bewohnt von der Gräfin Polheim, die oft
hinabgins an das Gestade und hineinsah in die geheimnisvelle Fluth, als
müßte sie tief unten das in drangvoller Zeit versteckte Gut erspähen.
Der Gedanke daran verfolgte sie Cag und Nacht, bis sie endlich aus
Holland „Wassertretter“ kommen ließ, denen sie unter reichen Versprechungen
befahl, die versenkten Glocken zu suchen und womsglich an's Cageslicht
heraufzubefördern. Die wackeren Seeleute, durch ihre Gewandtheit im
n
d9p
90
a4