Volltext: Johann Tobias Kiessling und einige seiner Freunde nach ihrem Leben und Wirken

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dem Manne Glück, daß unfer Herr Sott e8 mit ihm fo ge: 
nau nähme, und ihm das, woran fein Herz, vielleicht zu 
fehr gehangen, genommen habe. Indeß, da er felbft Freude 
an Blumen habe (Esper, Vater und Sohn, waren, wie 
wir nachher fehen wollen, eben fo vertraut mit dem Buche der 
Natur als mit dem der Heiligen Schrift), fende er ‚ihn hier 
zine Anzahl Nelfenfenker von feinen beften, die ihm vielleicht 
ein Fleiner Erfag für feinen VBerluft fein Fönnten. Zugleich az 
det er ihn ein, er folle ihn einmal. befuchen, und fich dann in 
feinem Sarten unter feinen Blumen umfehen und ihm nur fa= 
gen, von welchen er Ableger oder Zwiebeln oder Samen 
haben wollte. 
Die Nelken werden eingepflanzt, und manche blühen fchon 
in dem Sommer gar herrlich. Da fritt einmal eines Tags 
ein Herr zu unferm Schullehrer herein, ein gar anfehnlicher 
Mann. ES war ein folcher, der nicht incognito reifen Kann, 
denn e8 firahlte eine gar befondere Majeftät aus feinem Ange: 
ficht und Wefen. Unfer lieber Schulmeifter glaubte, das fei 
eine irdifche Majeftät, und da der Mann nicht recht weltlich 
ausfah, fo meinte er, e$ fet ein hoher Prälat oder Bifchof 
aus der Nähe. 
Der aber fagte, ich bin CEsper, der Ihnen die Nelken 
gefchict. Da fahen fich die Beiden in die Augen und gewanz 
nen fich lieb, und der Schulmeifter verfprach, er wolle den 
Herrn Pfarrer eheftens einmal befuchen. 
Aber das war Feine Leichte Sache. Denn der Herr Vfarz 
rer Esper, Vater und Sohn, war als ein — damals fagte 
man — Pietift, aus der Franckefchen Schule, oder auch wohl 
gar Herrnhuter (doch vergleiche man damit einen Brief, der 
nachher folgen wird) gar fehr verfchrieen, und das hohe Con- 
fiftorium hatte alle Augenblide etwas an dem Manne auszus 
feßen und zu beftrafen. 
Doch wagt es der freffliche Cantor aus Fürth an einem 
Sonntage, und geht auf einem Umwege herunter nach Frauenz 
aurach. Da wird er aar freundlich aufgenommen vom lieben
	        
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