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unfcheinbarere Art von Schönheit noch unempfindlichen Yuge
Leichter überfehen werden Fönnte, und da es zugleich feinem In-
halte nach gar fehr an den lebten Neujahrsabend erinnert, wel:
chen Kießling bel feinem fchon damals fehr heimwehrranfen
Freunde zubrachte, vielleicht auch eben um jene Zeit entftanden
ift, fo fol gerade Daffelbe als Anhang zu diefem Kapitel
gewählt werden.
Nehberger war auch in allem dem, was der Menfch
äußerlich am Menfehen fieht und fich gegenfeitig ift,' eine der
(iebenswürdigften Naturen. Demuth und zugleich unerfchrockener
fefter Chriftenmuth, Liebe und Seduld waren die Grundzüge
feines Wefens. Die vier Kinder feiner felh verwittweten Schwes
fter, und diefe felbft, hatten an ihm einen treuen Bater und
Pfleger. Seinen Freunden war er der unwandelbarfte, Lheilz
nehmendfte, zärtlichfte Freund; Feinde Fannte, fo bezeugt fein
vertrautefter Freund, der {hr von Kindheit an gefannt, feim
Herz nicht, denn Groll und Haß waren feinem {tilen Sinne
fremd, und auch bei Anderen fuchte er bei jeder Selegenheit vor
allen Dingen Unfrieden und Zwiefpalt beizulegen.
Segen Arme und Verlaffene aller Urt war er ein freiges
biger, milder Freund, auch, wo e$ darauf ankam, ein uns
erfchrockner, muthiger Vertheidiger.
Sn der Seelforge bei feiner Gemeinde war er fü unermliz
det freu, fo ernft, fo angelegentlich und wachfam, daß er fich
felbfit manches verfennende Urtheil, ja fogar Läfterungen durch
diefe Treue zugezogen. Ihm lag das Wohl jeder einzelnen Seele,
die zu feiner Semeinde gehörte, fo fehr am Herzen, als einent
Hriftlichen Hausvater das Wohl jedes einzelnen Mitgliedes feiner
Familie. Er hielt e& daher für feine Pflicht, auch in den Häufernr
und bei jeder andern günftigen Selegenheit, die Irrenden väs
terlich ernft und freundlich zu ermahnen und zurecht zu weifen,
was dem lieben Manne, der, wenn e& möglich gewefen, gern
Alle auf feinen Händen in den Himmel getragen hätte, als Ein:
mifchen in fremde Angelegenheiten ausgelegt wurde. Selbft mit
feiner Kinderlehre, die ex zum vielfältigen Segen am Sonntag