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war, den aber Leidenfhaften, — Scherz und Schmerz fo überz
fchrieen, daß man ihn in den. meiften Fällen nicht recht be:
merken Fonnte.
Noch in feinem hohem Alter hatte unfer Sreis ein fchönes
liebliches Seficht, mit heitern, Haren blauen Yugenz aber auch
in feinen jüngern Jahren muß er das gewefen fein, was die
Welt fchön nennt. —
Nur ‚in der ganz lebten Zeit feines Leben3 hatten die vielen
leiblichen Schmerzen, und die Wirkung des Schlagfluffes feine
Sefichtszlige etwas getrübt und verändert. Da aber der liebe
Leichnam im Sarge lag, war das Angeficht wieder fchön und
heiter. Eine alte qHriftliche Mutter trat daneben, die hat fein
Seficht da abgemalt, in den Worten: „Scht, ift e8 nicht gez
trade, als wenn diefes felig-heitere, demüthige Seficht fagen wollte:
lieber Herr! wie fol ich armer Menfch doch alle der Freuden
werfh fein, die du mir nun, o du Lieber, Heiliger, Sez
liger, fchenFeft,
Sch weiß nicht, war e$ diefes fchöne Angeficht im Sarge,
oder war es das in unferer Stadt wohl allgemein verbreitete
Berücht von dem Tode eines Mannes, der Sott und die Brüs
der fo Herzlich liebte wie Wenige, was fo Viele zu dem Sarge
des lieben Sreifes und zu feinem Begräbniß hinzog. Da fagte
Mancher an feinem Sarge: Ach möchte ih doch auch fo Leber
wie er, und möchte mein Ende fein wie feines. Menfchen
(Kinder befonders), die noch nie einen Leichnam gefehen hatten,
füßten des lieben fhönen Sreifes irdifhe Hülle.
Sa, du lieber Sreis, müchte unfer Ende fein wie deines,
und unfere Ewigkeit wie Deine Ewigkeit!
Der liebe Pfarrer von St. Aegidien, der unfers Kießling
Sreund war, hielt dem „frommen und getreuen Knecht“ die
Srabrede. Der Leichentert, den fich der Selige felbft gewählt,
mar der nämliche, der vor faft 60 Sahren die erfte Beranlaffung
zu feiner Erwedung und von da an der Haupttert feines ganz
zen inneren Lebens geworden war: „Dem aber, der nicht mit
Werken umgehet, alaubet aber an Den, der die Sottlofen gerecht