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Uebel nur Ärger oder doch nicht beffer gemacht! Uebrigens waltet
wohl in folchen Fällen auch noch ein anderer Srund Seiner weifen
Liebe, über welchen wir zu Anfang eines der lebten Abfchnitte,
der „die fechfte Frübfal“ überfchrieben ft, noch etwas reden wollen.
Darum, lieber Bruder! wollen wir uns einander nicht fo
gefchwind wegwerfen auf die Safe und — wenigfiens in unferm
Urtheil— von den Leuten zertreten Laffen! nach Matth. 5, GB,
13, blos weil uns die oder jene Unart als ein recht böfer und
unbeilbarer Splitter im Yuge des Andern erfcheint. Er, der Herr,
welcher nicht blos in die Innern Kammern des Haufes fieht (was
ich armer, an Verftand befchränkter, Furzfichtiger Menfh nicht
einmal Fann), fondern in die Kammern des Herzens, denkt (Ihm
fei ewig Dank für Seine Sedulb) nicht fo und wirft uns fo
gefchwind nicht weg, wie wir einander. Vielmehr macht eı’8 mit
dem Sünder in viel größerem Umfange fo, wie e& unfer feliger
Tobias nach dem nächften Ybfchnitte mit einem böfen Müller-
burfchen machte: Er geht ihm freundlich nach, heute und mor=
gen, bis er ihn gewonnen hat.
Sa, lieber Lefer! wenn man fich Irgend efwas aus dem
Nachlaffe unfer8 lieben Seligen wünfchen möchte, fo wäre es
biefe Liebe, Ddiefe treue, AUes aufopfernde, AUNes duldende Liebe
ohne Vorbehalt. Denn eine folche Liebe ringet, wie jener Ifrael
{1 Mof. 32, VB. 28), felbft mit Sott und lieget Ihn ob, fie
überwindet Alles, auch die hHartnäckigften Feinde in und außer
uns, ja felbft die Pforten der Hölle! Und wäre fie nicht ans
ders zu haben, fo follte man auch wohl zufrieden fein, wenn
man fie zufammen mit alle dem bekäme und ererbte, was die
Welt daran Schwäche oder fonft wie benennt.
Nachträglich zu diefem Abfchnitte mag denn alfo hier noch
der ganz befondere Zug von der Sünderfreundfchaft unfers Se
(igen fteben, Deffen ich eben fehon erwähnte.
24. SKießling als Miübhlkenarzt.
Der „befte Menfch“, von welchem ich in meinem Wanderz
büchlein eines reifenden Gelehrten gefprochen, war auch ein Müh-
Schubert, SKieblina’s Leben,