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den drei Jahren, die ihm noch zu leben vergönnt waren, ohne daß 
es ihm ein einziges Mal gelungen, eine bleibende Stätte zu finden, 
in Skt. Gaällen, Augsburg, Straßburg, Landau, Worms, Ulm, bis 
er im Spätherbst 1527 in seinem letzten Asyl zu Basel müde gehetzt 
zusammenbrach. 
Hans Denk hatte sich in Skt. Gallen den Wiedertäufern ange— 
schlossen, welche sich in jener Zeit namentlich am Oberrhein, in 
Schwaben und in Holland stark ausbreiteten und in Straßburg und 
Augsburg Mittelpunkte besaßen. Seinem idealistischen Sinn hatte 
ein Bund vorgeschwebt, der alle Guten umfaßt; eine Sekte zu stiften 
dachte Denk nicht; wohl aber mochte er hoffen, manches von dem, 
was er suchte und erstrebte, bei den Taufgesinnten zu finden. Der 
Name der Wiedertäufer hat durch die kommunistische Orgie des 
Königs von Sion und seiner Propheten in Münster einen abschrecken— 
den Klang erhalten. Es wird aber häufig übersehen, daß jenem Aus— 
bruch wahnwitziger Leidenschaft die grausamsten Verfolgungen voraus— 
gegangen sind, und daß die Empörung über die erlittene maßlose 
Verfolgung, über die grausamen und unmenschlichen Qualen, über 
die ganze Teufelei der religiösen Intoleranz jene Menschen zum 
iußersten gebracht hat. Jedenfalls hatten die Gemeinschaften der 
Taufgemeinden zur Zeit, da Denk unter ihnen wirkte — Bischof den 
Täufer nannten ihn manche — im ganzen einen harmlosen Charakter 
und die Täufer selbst zeichneten sich nach den Zeugnissen von Zeit— 
genossen durch einen exemplarischen Lebenswandel aus, der von der 
bei Hoch und Nieder jener Zeit herrschenden rohen Genußsucht grell 
abstach. Für die lutherischen Theologen war der ehrbare Lebens— 
wandel der Täufer natürlich nichts als Heuchelei und ein Werk des 
Teufels. 
Den Kern der Täufer (in Augsburg nannte man sie „Garten— 
brüder“), die sich um einzelne theologisch und humanistisch gebildete 
Männer scharten, bildeten schwärmerisch erregte Handwerksleute in 
den Städten, doch hielten in Augsburg auch Patrizier und vornehme 
Frauen zu ihnen. Als äußeres Kennzeichen diente ihnen seit 1625 
die Wiedertaufe, welcher aber die innere Zerknirschung, die innerliche 
Erneuerung vorausgehen sollte. Indem die Taufgesinnten das Ur— 
christentum erneuern, die apostolischen Gemeinden nachbilden wollten, 
verwarfen sie Zinsen, Zehenten, Pfründen in jeder Form, während 
sie die Gütergemeinschaft nach urchristlichem Muster zu verwirk— 
lichen suchten. Zu gleicher Zeit hielten sie jeden Gebrauch obrigkeit— 
licher Gewalt, zumal in Glaubenssachen, jeden Zwang vor Gericht 
und zum Kriegsdienst, die Anrufung Gottes zum Schwur und die 
Führung des Schwertes für unstatthaft. Rechtsprechung und Strafen 
—P 
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