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zuletzt ein viel mehr ausgesprochener, erbitterter, fast fanatischer. Er
verabscheute Wittenberg als den „Abgrund des Irrtums und die Hölle
aller Ketzereien“. Seine Kinder, glaubt er — er verlor deren sieben
im zartesten Lebensalter — seien nur so frühe dahingegangen, um
das Wüthen der Lutheraner nicht mit ansehen zu dürfen. Und er
wisse Gott Dank dafür. „Ich werde,“ schrieb er im Jahre 1536, „mit
Gottes Gnade bis zum letzten Lebenshauch in der Einheit der katho⸗
lischen Kirche verharren, denn ich bin dahin gelangt, daß ich Gunst
und Haß der Lutheraner wenig achte, es gehe, wie es wolle.“ Diesem
Grundsatz gemäß handelte er, zuletzt, wie wir oben gesehen haben, immer
mehr von dem öffentlichen Leben sich zurückziehend. Er starb, wie
bereits erwähnt, am 14. Juli 1642. An äußeren Ehren hatte es ihm
auch am Abend seines Lebens nicht gefehlt. Kaiserlicher und anderer
Fürsten Rat, erhielt er im Jahre 1540 von König Ferdinand auch
ein Adelsdiplom, das ihm 1541 von Kaiser Karl V. bestätigt wurde.
Die noch heute in Nürnberg blühende, später (1729) ins Patriziat
aufgenommene Familie geht in direkter Linie auf ihn zurück.
Der dritte bedeutende Mann in Nürnberg, dessen Anschauungen
mit dem späteren Verlauf der Entwicklung, wie ihn die Reformation
genommen hatte, nicht mehr übereinstimmten, war Christoph Fürer
der Ältere). Kein Humanist und Gelehrter wie Pirkheimer oder Scheurl,
sondern ein „durch Leben und Weltgeschäfte gebildeter, durchaus red—
licher und ehrlicher Mann“, nahm er vor allem an der lutherisch⸗
paulinischen Lehre Anstoß, daß der Mensch allein durch den Glauben selig
werden könne, und daß die guten Werke daneben belanglos seien. Da—
durch, meinte er, machten die Lutheraner das „gemeine Volk so gottlos,
daß ihm alle gute Zucht und menschliche Sitten entzogen würden.“
„So hab ich doch im Evangelio gelesen, da Christus spricht, hab Gott
lieb von ganzem Herzen und ganzer Kraft und deinen Nächsten als
dich selbst, in diesen zweien Geboten hängt das ganze Gesetz und alle
Propheten,“ schreibt er ein anderes Mal. Auch Luthers Lehre von
der Unfreiheit des Menschen konnte er nicht begreifen. Den Glauben
wollte er nur als eine Art Handweiser angesehen wissen, der den
Menschen auf den rechten Weg weise, Christi Lehre nachzufolgen und
dem Rächsten Barmherzigkeit zu erzeigen. Mit dieser Betonung der
guten Werke gelangte er schließlich dazu, an der alleinigen Wahrheit
der christlichen Religion zu zweifeln, indem er sich die Frage vorlegte,
ob nicht bei allen Völkern der Welt — freilich fügt er hirzu, „so den
einigen Gott ehren und anbeten“ — diejenigen, die ihrem Nächsten
dienstlich, mitleidig und freundlich sind, selig werden möchten.
(Forts. folgt.